Brände nach Kahlschlag in Indonesien: Flammenmeer im Regenwald

In der Provinz Aceh erhielt ein Palmölunternehmen Nutzungsrechte für den geschützten Nationalpark. Der Gouverneur der Provinz muss sich nun vor Gericht verantworten.

Seit mehreren Tagen gibt es über 100 Brandherde im Tripa-Regenwald in Nordsumatra. Bild: dpa

JAKARTA taz | „Es sind die schlimmsten Waldbrände, seit wir im Jahr 2000 begonnen haben, Satellitenbilder auszuwerten“, sagt Graham Usher von der Schweizer Umweltstiftung PanEco, die auf der indonesischen Insel Sumatra Orang-Utans schützt. Seit mehr als einer Woche fressen sich die Flammen an über 100 Brandherden immer tiefer in den Tripa-Regenwald in Nordsumatra hinein.

Tripa ist einer der drei letzten Torfsumpfwälder der Provinz Aceh in Nordsumatra. Nach Angaben von Umweltschützern sind Brandrodungen durch Palmölfirmen die Ursache der Brände, deshalb läuft nun ein Gerichtsverfahren gegen den Provinzgouverneur.

Torfsumpfwälder sind wichtige Kohlenstoffspeicher. Werden sie abgebrannt, setzt das riesige Mengen an CO2 frei. Das passiert in Indonesien in so großem Stil, dass das Land den weltweit drittgrößten CO2-Ausstoß verursacht. Brandrodung ist in der Regel die Vorbereitung, um die ehemaligen Landflächen für Plantagen nutzbar zu machen.

Mehr als drei Viertel von Tripas Regenwald, die 1990 noch 61.000 Hektar Land umfassten, wurde bereits gerodet – vor allem für Palmölplantagen. Es ist auch der steigende Verbrauch in Europa, der diesen Kahlschlag vorantreibt. 16 Prozent der globalen Palmölproduktion, zu der Indonesien den größten Teil beiträgt, werden in der EU verbraucht: in chemischen Produkten und Lebensmitteln, als Brennstoff in Heizkraftwerken und zunehmend als Biodiesel.

Unesco-Weltnaturerbe

„Die Torfsumpfwälder in West-Aceh haben bei dem verheerenden Tsunami von 2004 als Puffer gewirkt und das Schlimmste für diese Gegenden verhindert“, sagt die Umweltexpertin Marianne Klute von der deutschen NGO Watch Indonesia. „Abholzung und Umwandlung in Plantagen zerstören diese Pufferwirkung, was äußerst gefährlich für die Bewohner ist.

Auf dem Papier ist der Tripa-Regenwald gleich mehrfach geschützt. Er gehört zu dem weltberühmten Leuser-Gebiet, das nicht nur Unesco-Weltnaturerbe, sondern auch nach indonesischem Gesetz Nationalpark ist. Zusätzlich erließ der Gouverneur der Provinz Aceh, Yusuf Irwandi, im Jahr 2007 ein Waldschutzmoratorium, für das er weltweit Beifall und das Label „Grüner Gouverneur“ erhielt.

Auf nationaler Ebene gilt seit Mai 2011 ein weiteres Waldschutzmoratorium. Es ist Teil einer bilateralen Klimaschutzvereinbarung, nach der Norwegen der indonesischen Regierung 1 Milliarde Dollar zahlt. Im Gegenzug hat sich Indonesien zur Reduzierung der durch Abholzung und Waldsterben verursachten Emissionen im Rahmen des UN-Waldschutzprogramms REDD+ verpflichtet.

Laut Moratorium sind Rodungen in bisher unberührten Urwäldern und Torfmooren verboten. Umweltschützer reagierten daher fassungslos, als Acehs Gouverneur im August 2011 Nutzungsrechte für 1.600 Hektar Fläche im Tripa-Regenwald an das Palmölunternehmen Tripa vergab.

Verfahren mit Präzedenzcharakter

Eine Koalition aus mehreren NGOs hat daher ein Gerichtsverfahren gegen Irwandi und den Lizenznehmer PT Kallista angestrengt. Das Verfahren hat Präzedenzcharakter: Gewinnen die Umweltschützer, könnte das auch in anderen Teilen Indonesiens zu Klagen gegen die grassierende illegale Landnahme durch Holz- oder Palmölfirmen inspirieren. Verlieren sie, besteht für die letzten Reste des Tripa-Regenwaldes und die dort lebenden rund 250 Orang-Utans nicht mehr viel Hoffnung.

Fragwürdig ist nicht nur Irwandis Rolle im Fall Tripa. Noch im September hieß es aus dem indonesischen Forstministerium, die Lizenz für Kallista sei illegal. „Sie verstößt gegen das Moratorium von 2011 und muss daher zurückgezogen werden.“, so Hadi Daryanto, Generaldirektor des Umweltministeriums, damals zur Jakarta Post.

Aktualisierte Karte des Schutzgebietes abgesegnet

Im November hingegen segnete das Ministerium eine aktualisierte Karte des Schutzgebiets ab, auf der – im Gegensatz zu der Karte vom Mai – das Konzessionsgebiet auf einmal nicht mehr als Schutzgebiet ausgewiesen war. Nach Angaben von Umweltschützern kamen die Änderungen auf Druck der Palmölindustrie zustande.

Untersuchungen, die das Umweltministerium im September gegen Kallista wegen illegaler Rodungen auf der betroffenen Fläche angekündigt hatte, sind bislang ausgeblieben. Klute hofft nun auf internationale Unterstützung: „Die Weltgemeinschaft sollte Indonesien in die Pflicht nehmen.“

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