Bombenanschlag in Istanbul: Kein Zufall

Am Freitag hatte der Istanbuler Gouverneur die Schließung der deutschen Institutionen als Panikmache bezeichnet. Samstag detonierte dann die Bombe.

Vier Polizisten gehen und stehen auf der Straße

Foto: reuters

ISTANBUL taz | Nach Ankara jetzt Istanbul: Samstagvormittag hat ein Selbstmordattentäter auf der wichtigsten Einkaufsmeile im Zentrum Istanbuls außer sich selbst vier weitere Menschen getötet und 36 weitere zum Teil lebensgefährlich verletzt. Unter den Verletzten sind 12 Ausländer, darunter auch ein Deutscher. Es gibt kaum einen Platz in Istanbul, wo mehr Touristen unterwegs sind als auf der Flaniermeile, wo nun der Anschlag stattfand.

Das Selbstmordattentat passierte am Vormittag um 11 Uhr, was erklärt, warum es nicht mehr Tote gab. Am Abend hätte es an gleicher Stelle ein Massaker gegeben, weil es sehr viel voller gewesen wäre. Aber auch so sind die Menschen in Istanbul geschockt. „Wo kann man jetzt noch hingehen“, sagt eine Nachbarin empört, „es kann ja überall passieren“.

Doch ganz so zufällig ist weder der Ort noch der Zeitpunkt. Schon am Donnertag waren das deutsche Generalkonsulat und die Deutsche Schule aus Sicherheitsgründen geschlossen worden, beide liegen in unmittelbarer Nähe des Taksim Platzes und der Istiklal Caddesi, wo jetzt der Anschlag stattfand.

Als Begründung hatte der deutsche Außenminister gesagt, es gäbe sehr konkrete Warnungen, weshalb die deutschen Institutionen vorübergehend geschlossen wurden.

PKK, TAK oder IS

Noch am Freitag hatte der Istanbuler Gouverneur das als Panikmache bezeichnet, am Samstagmorgen detonierte dann die Bombe. Noch ist unklar wer der Attentäter war und welche Organisation dahintersteckt. In der türkischen Öffentlichkeit wurde fast automatisch davon ausgegangen, dass es sich um die PKK beziehungsweise die TAK, die sogenannten Freiheitsfalken, eine Unterorganisation der PKK, handeln müsse. Schließlich war die TAK auch für das Attentat in Ankara am letzten Sonntag mit 37 Toten verantwortlich und darüber hinaus war erwartet worden, dass die PKK an diesem Wochenende, dem wichtigen kurdischen Newrozfest, dessen öffentliche Feier der Staat überall verboten hat, etwas unternehmen würde. Es gibt aber auch unbestätigte Gerüchte, dass ein Mann, der dem IS zugerechnet wird, den Sprengsatz gezündet haben könnte.

Doch ganz unabhängig davon, wer für diesen letzten Terrorakt nun verantwortlich ist, für Istanbul und die gesamte Türkei ist es ein Desaster. Allen vollmundigen Ankündigungen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan weitere Terroranschläge zu verhindern und die „mutmasslichen Terrorristen“ mit „Eiserner Faust“ zu bekämpfen nutzen nichts. Im Gegenteil, die Zeitspanne zwischen den Anschlägen werden seit dem Herbst letzten Jahres immer kürzer. Selbst die Anhänger Erdogans verlieren langsam das Vertrauen in ihre Regierung und die ausländischen Touristen und Investoren bleiben weg. Das Land steuert auf eine nie dagewesene Krise zu.

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