Bodo Ramelow über Bahn-Tarifkonflikt: „Honeymoon ist es trotzdem nicht“

Trotz einer massiven Entfremdung zwischen Bahn und GDL wurde laut Schlichter Bodo Ramelow in den Verhandlungen sogar gelacht. Das freut auch seine Frau.

Bahngleise

Am Ende wurden – wie es so schön heißt – die Weichen auf Einigung gestellt. Foto: dpa

taz: Herr Ramelow, als die Schlichtung vorbei war, haben Sie eine Liedzeile von Marius Müller-Westernhagen getwittert: „Die Verträge sind gemacht.“ Traf denn auch die nächste Zeile zu – „und es wurde viel gelacht“?

Bodo Ramelow: Die erste Zeit war sehr anstrengend. Aber als wir über die größten Berge gestiegen waren, gab es auch Situationen, wo gelacht wurde. Ich habe die Beteiligten am Schluss sehr entspannt erlebt.

Es gab in diesem Tarifkonflikt ja nicht nur inhaltliche Differenzen. Die Hauptakteure von Bahn und Gewerkschaft schienen regelrecht verfeindet zu sein. Wie haben Sie das erlebt?

Der Konflikt hängt eng mit der Privatisierung der Bahn zusammen. Seitdem gibt es einen massiven Entfremdungsprozess der Lokführergewerkschaft von ihrem Arbeitgeber, dem sie früher eng verbunden war. Das ist wie in einer Ehe – irgendwann ist das Verhältnis zerrüttet. Bisweilen hatte ich das Gefühl, ich sei mitten in einem Scheidungsprozess einer 50-jährigen Ehe, wo seit zehn Jahren eine Scheidung läuft, die von üblen Anwälten immer weitergetrieben wird.

Und jetzt ist das alte Paar wieder glücklich?

Nein, Honeymoon ist es trotzdem nicht. Aber wir haben Voraussetzungen geschaffen, wie man sich in Zukunft besser aushalten kann. Wir haben sehr intensiv über die Sorgen des Zugpersonals gesprochen, über 15-Stunden-Schichten, Pausen auf dem Zug und anderes, was auf Außenstehende sehr befremdlich wirkt. Jetzt haben sie viel miteinander vereinbart: 450 Seiten sind unterschrieben worden. So ein Tarifwerk habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht verhandelt.

Wie viel Zeit hat das Ganze denn gekostet? Und woher nehmen Sie die neben Ihrem Job als Ministerpräsident?

Die reinen Schlichtungsgespräche haben 75 Stunden gedauert – fast nur am Wochenende. Falls ein Ministerpräsident überhaupt Freizeit hätte, gab es bei mir in diese Phase gar keine. Die Hauptleidtragende war meine Frau.

ist seit Ende 2014 erster Ministerpräsident der Linkspartei. Der 59-Jährige stammt aus Hessen und kam 1999 als Landeschef der Gewerkschaft HBV nach Thüringen. Er schlichtete zusammen mit Matthias Platzeck.

Hoffentlich wurde die Ehekrise der Bahn dann nicht durch eine private abgelöst …

Nein, meine Frau ist begeistert von der Einigung. Als regelmäßige Bahnfahrerin legt sie Wert auf Züge, die fahren.

Und glauben Sie, dass es dabei auf Dauer bleibt? Wird die Vereinbarung halten?

Die Voraussetzungen sind jedenfalls geschaffen. Und wenn die Lokführer und Zugbegleiter spüren, dass ihre Belastung tatsächlich weniger wird und der Wettbewerb nicht mehr über Lohndumping ausgetragen wird, führt das mit Sicherheit zu viel Entspannung.

Wer eine Einigung zwischen der Bahn und der GDL erreichen kann, empfiehlt sich ja durchaus für andere festgefahrene Verhandlungen. Sind bei Ihnen schon Anfragen aus Brüssel oder Athen eingegangen?

Natürlich würde ich mich freuen, wenn das Thema Griechenland endlich rational gelöst würde, statt mit Austerität und Drohungen. Aber auch wenn mein Herz für die Syriza schlägt, kann ich da leider nicht helfen.

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