Biografie über Roger Köppel: Der will nicht nur spielen

Roger Köppel ist ein bekannter Kopf der Schweizer Medien: Chefredakteur, Politiker, Rechtspopulist. Eine neue Biografie beleuchtet seinen Weg.

Roger Koeppel steht im Nationalrat in Bern

Roger Köppel: vom sprach­begabten Kultur­redakteur zum rechts­populistischen Wortführer Foto: Keystone

Es gab eine Zeit, da konnte man als Fernsehzuschauer in Deutschland annehmen, in der Schweiz hat nur einer etwas zu sagen: Roger Köppel. Der Schweizer Journalist tourte durch Talkshow-Studios und sprach über Donald Trump, Steuern, die AfD und Flüchtlinge.

Ein Krawallmacher, der gern provoziert. In der Schweiz kennt man ihn so schon lange. Er vertritt seit Jahren krasse Thesen, hat sich zusehends vom sprachbegabten Kulturredakteur zum rechtspopulistischen Wortführer gewandelt. Die Weltwoche, die er 2006 gekauft hat, ist sein Forum. Aber nicht sein einziges: Seit 2015 sitzt er für die rechtspopulistische SVP im Nationalrat. Für Köppel geht das zusammen: Journalist und Politiker, Verleger und Chefredakteur. Vor allem, weil Köppel meint, so die Schweiz vor ihrem Untergang, also vor Einwanderern und vor der EU, zu retten.

Der Schweizer Journalist Daniel Ryser hat nun eine Biografie über Köppel geschrieben. Eineinhalb Jahre hat er ihn begleitet, mit Dutzenden Weggefährten, Freunden und Kollegen gesprochen. Nicht alle wollen namentlich genannt werden – so schwer scheint in der Schweiz mittlerweile allein die Bekanntschaft zu Köppel zu wiegen. Andere, vor allem ehemalige Kollegen, kritisieren ihn offen für seinen Rechtsruck.

Über allen Gesprächen schwebt dasselbe Fragezeichen: Wie konnte ein außerordentlich talentierter Journalist, der mit 32 Jahren Chefredakteur des prestigeträchtigen Magazins wurde, der als junger Mann ein Linker, belesen und ein scharfsinniger Intellektueller war – wie konnte so jemand zum rechten Hetzer werden, der sich für kein rassistisches Ressentiment zu schade ist?

„Herrlich politisch inkorrekt“

Rysers erklärt sich das einmal mit dem frühen Verlust seiner Eltern, seine Mutter bringt sich um, als er 13 ist, sein Vater stirbt ein Jahr später an Trinkerei. Und er sieht einen zweiten herben Bruch, als Köppel Christoph Blocher kennenlernt, den langjährigen Kopf der SVP, der Partei und Land nach rechts geführt hat.

Als er im Studium erst für die Sportseiten, später für die Kulturseiten der NZZ schreibt, fällt Köppel als einer auf, „der mit Sätzen jonglierte“, der alles gelesen und zu allem eine Meinung hat. Wertschätzend sprechen sein Ex-Kollegen über ihn in dieser Zeit.

Er arbeitet sich hoch, wird Chefredakteur, unter anderem von der Welt in Deutschland. Als „klugen Kopf“ beschreibt ihn Mathias Döpfner, Chef von Axel-Springer, als „herrlich politisch inkorrekt“. Doch Köppel bleibt nicht lang. Nach zwei Jahren in Berlin erreicht ihn das Angebot aus der Schweiz: Mithilfe von rechten Verlegern und Financiers kann er die Weltwoche zum Schnäppchenpreis kaufen.

Daniel Ryser: „In Badehosen nach Stalingrad – Der Weg von Roger Köppel“. Echtzeit-Verlag, 32 Euro

Wie viel Köppel für die Weltwoche bezahlt hat und woher das Geld kam, ist ein Geheimnis. Auch Ryser kriegt es nicht gelüftet. Aber er kann zeigen, warum die Rechten Köppel an der Spitze der Weltwoche wollten. Er sollte die Zeitung zu ihrem Sprachrohr machen. „Den Wettstreit der Ideen gewinnen. Darum geht es“, sagt der Unternehmer Tito Tettamanti, der an dem Verkauf maßgeblich beteiligt war. „Dazu braucht es Zeitungen. Man muss die Ideen säen. Säen, säen, säen. Mit der Weltwoche haben wir eine Lücke gestopft, die Lücke der rechten Opposition.“

Sittenbild der Medienbranche

Ryser lässt solche Zitate für sich stehen. Er wertet kaum, reiht Einschätzungen von Köppels Weggefährten aneinander, lässt Köppel selbst zu Wort kommen. Köppel habe seine Zitate autorisiert und kaum etwas zu beanstanden gehabt, schreibt Ryser im Vorwort. Den Rest des Buches habe er nicht gelesen. Vermutlich ist es deshalb so lesenswert geworden.

Ganz nebenbei zeichnet Ryser ein Sittenbild der Medienbranche: Von den glitzernden 90er-Jahren, als es im Zeitungsbusiness noch „Geld regnete“, wie ein Ex-Chefredakteur erzählt, von dem durchgeknallten Journalismus, den das Magazin Tempo nach Deutschland brachte und der den Hochstapler und Interview-Fälscher Tom Kummer ermöglichte.

Über dessen Lügen stolperten damals zwar die Chefredakteure des deutschen SZ Magazins, Ulf Poschardt und Christian Kämmerling. Roger Köppel, der Kummer protegierte und ebenfalls dessen Interviews gedruckt hatte, blieb weiter Chefredakteur des Schweizer ­Magazins.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.