Bewegungsstudie 2013: Die träge Masse wächst

Die Fitness-Branche boomt. Trotzdem gibt es in Deutschland immer mehr Menschen, die gar keinen Sport treiben. Vor allem in den neuen Bundesländern.

Wo soll das alles enden? Bild: ap

BERLIN dpa | Marathonlaufen wird zum Trendsport und Fitness-Studios gibt es fast an jeder Ecke. Deutschland ist in Bewegung. Doch laut einer neuen Studie der Techniker Krankenkasse (TK) wird eine große Gruppe immer träger. Der Anteil der Sportmuffel oder Totalverweigerer ist seit 2007 von 45 auf 52 Prozent gestiegen. Sportler sind inzwischen in der Minderheit, wie die repräsentative Befragung von etwa 1.000 Erwachsenen durch das Forsa-Institut zeigte.

Experten sehen eine bedenkliche Entwicklung: „Die, die nichts für sich tun, erkennen, dass sie in guter Gesellschaft sind“, sagt der Sportwissenschaftler und Autor Michael Despeghel. Der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas spricht von einer „Polarisierung der Gesellschaft“, die an amerikanische Verhältnisse erinnere. Auf der einen Seite gebe es eine kleine Gruppe, die immer intensiver Sport treibe und auf der anderen Seite immer mehr Menschen, die gar nichts tun. Nur etwa jeder Fünfte zählt sich zu den Leistungs- und Freizeitsportlern mit mindestens drei Stunden Training pro Woche.

An das Motto „Sport ist Mord“ halten sich mehr Ost- als Westdeutsche: Mit 63 Prozent ist der Anteil der Sportvermeider in Ostdeutschland besonders hoch. Die Ursachen könne die Studie nicht erklären, sagte Baas.

Die Studie zeigt auch Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Greift bei den Männern mehr als jeder zweite (55 Prozent) nie zu den Sportsachen, ist es bei den Frauen weniger als die Hälfte (47 Prozent). Während Frauen gemäßigten Sport bevorzugen, steht bei Männern oft der Wettkampfcharakter im Vordergrund. Deutlich wurde auch: Während Männer am liebsten aufs Fahrrad steigen, gehen Frauen eher ins Fitness-Studio, machen Aerobic und Gymnastik.

Bewegungsflaute herrscht vor allem bei den 36- bis 45-Jährigen. Dies könnte den Autoren zufolge ein Zeichen dafür sein, dass diese Altersgruppe einfach zu wenig Zeit hat. An Kindern oder der Arbeit allein könne das allerdings nicht liegen: Die Anteile der Sportverweigerer mit und ohne Kinder halten sich die Waage. Und je höher das Einkommen, desto sportlicher sind die Befragten.

Übergewicht und Zeitmangel

Zufrieden sind die Sportverweigerer nur selten. Viele würden ihre Situation gern ändern. Fast jeder Zweite gab an, sich „einfach nicht aufraffen“ zu können. Übergewicht und Zeitmangel sind weitere Gründe für die Abstinenz. Außerdem kennen viele Sportverweigerer kaum jemanden, der Sport treibt. Zu beobachten ist das vor allem auf dem Lande.

Laut Sportstudioverband DSSV sind 7,8 Millionen Menschen Mitglied in einem der rund 7.000 Fitness-Center. „In den nächsten sechs bis sieben Jahren rechnen wir mit bis zu 12 Millionen Mitgliedern“, sagt Geschäftsführer Refit Kamberovic. TK-Vorstand Baas bezweifelt, dass jeder auch regelmäßig hingeht. „Die Anmeldung im Fitnesscenter hat eine gewisse Entschuldigungsfunktion.“

Die Unverbindlichkeit in den Studios führe dazu, dass viele nach wenigen Wochen bereits wieder auf der heimischen Couch liegen, sagt auch Despeghel. Besser sei eine Mitgliedschaft im Verein: „Dort ist der Trainingszeitpunkt festgelegt, die Gruppe wartet, man macht etwa gemeinsam“. Über einen Mitgliederschwund können sich die 91.000 Sportvereine jedenfalls nicht beklagen: 27,8 Millionen Menschen waren dort im vergangenen Jahr organisiert – 100.000 mehr als im Vorjahr.

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