Überhöhte Abo-Zahlen: Weser-Kurier vor Gericht

Das Bremer Landgericht hat festgestellt, dass der Weser-Kurier mit falschen „Abo“-Zahlen für die Beilagen wirbt. Parallel gibt es eine Strafanzeige wegen Betrugs.

Altpapier auf einem Fließband.

Wie hoch war die Auflage noch gleich? Beim Weser-Kurier hat man zu hohe Angaben gemacht Foto: dpa

BREMEN taz | Um die Werbe-Einnahmen von Zeitungen tobt eine erbitterte Konkurrenz, auch zwischen Weser-Report und Weser-Kurier. Der Weser-Report hat nun einen großen Punkt gemacht gegenüber dem Weser-Kurier: Das Bremer Landgericht hat in einem Urteil festgestellt, dass der Weser-Kurier mit überhöhten Angaben über seine Abonnenten Kunden werbe.

Konkret geht es um die Beilagen-Werbung, die dem Weser-Report ein besonderer Dorn im Auge ist. Zum Beispiel für das Gebiet des Syker Kuriers, so erläutert der Pressesprecher des Gerichts, sei in Unterlagen, die an Kunden gegeben worden sind, fast 25 Prozent mehr unter „Abo“ angegeben worden, als an tatsächlichen Abonnements vorhanden seien. Bei anderen Regionalausgaben seien die Abweichungen geringer, aber auch erheblich. Zudem darf der Weser-Kurier nicht mehr in der bisherigen Form behaupten, er erreiche 227.000 Leser und damit jeden zweiten Bremer.

Bei dem Richterspruch handelt es sich um eine einstweilige Verfügung. Erst wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, könne man entscheiden, ob man ins Hauptsache-Verfahren geht, erklärte dazu der Marketing-Chef der Bremer Tageszeitungen-AG, David Koopmann.

Antragsteller für das Verfahren war die KPS-Gruppe, zu dem der Weser-Report gehört. Da geht es um Wettbewerb und Wettbewerbsverzerrung. Bei der Urteilsverkündung war allerdings auch ein Anwalt anwesend, der verschiedene größere Werbekunden des Weser-Kuriers vertritt. Die könnten auf Grundlage des Urteils Schadenersatz-Ansprüche gelten machen – und das für mehrere zurückliegende Jahre. Nähere Angaben zu seinen Mandanten und möglichen Schadensersatz-Summen wollte der Anwalt gegenüber der taz nicht machen.

Koopmann sieht in dem Verfahren einen unfreundlichen Akt des Konkurrenten

Parallel zu dem zivilgerichtlichen Verfahren ist eine Strafanzeige wegen gewerbsmäßigen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft eingegangen, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Passade. Angeblich gibt es Zeugen, die sogar etwas zu der permanenten Beseitigung überzähliger angelieferter Beilagen sagen könnten.

Konkret sind in der „Tourenliste“ für die Ausgaben des Kuriers am Sonntag in Achim und Verden unter der Rubrik „Abo“ 11.050 Stück angegeben, der offiziellen Liste der IVW („Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“) zufolge betrug die Abo-Auflage im ersten Quartal 2018 aber nur 8.022 Stück. Für das Osterholzer Kreisblatt gibt die „Tourenliste“ 11.600 Stück an, die Zahl der IVW liegt deutlich darunter. Bei der Norddeutschen wird in der Tourenliste unter „Abo“ 22.000 angegeben, laut IVW sind es aber 18.600.

Insgesamt sind die Zahlen, die den Beilagen-Kunden vorgelegt werden, nicht einfach durchschaubar, weil die Bezeichnungen nicht immer übereinstimmen und zum Beispiel bestimmte Gebiete „doppelt“ gezählt werden aufgrund von Überschneidungen. Auch in diesem Zusammenhang gibt es eine Rüge des Gerichts. Die Angaben des Weser-Kuriers seien zumindest „grob irreführend“ für die Werbekunden, meinte der Geschäftsführer des Weser-Reports, Peter Führing. Insofern ist er zufrieden mit dem Urteil, das dem Weser-Kurier das in Zukunft untersagt.

„Abo“ heißt beim Weser-Kurier auch Kiosk

Koopmann als Vertreter der Bremer Tageszeitungen-AG sieht in dem Verfahren einen unfreundlichen Akt des Konkurrenten Weser-Report, der durch das Abdeckblatt Kurier der Woche unter Druck geraten sei. Darum ging es in dem Verfahren zwar nicht, die Werbekunden werden aber darauf hingewiesen, dass sie neben der – schwindenden – Auflage des Weser-Kuriers oder Kuriers am Sonntag auch den Kurier der Woche belegen können.

Konkret seien mit dem Stichwort „Abo“ auf der Tourenliste, so Koopmann, nicht nur die effektiven Abonnements gemeint, sondern die gesamte verbreitete Auflage, also auch Kiosk-Exemplare und andere besondere Vertriebsformen. Diese Erläuterung hat das Gericht nicht überzeugt, zumal zu der „verbreiteten Auflage“ auch „E-Paper“ zählen, denen man partout nichts beilegen kann. Wenn das das Problem sei, so Koopmann, dann müsse man die drei Buchstaben „Abo“ zum Beispiel durch „KaS“ für Kurier am Sonntag ändern.

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