Betriebsratsgründungen bei Buzzfeed: Wie ein Rausch

Buzzfeed-MitarbeiterInnen reagieren auf die angekündigten Massenentlassungen. Auch in Deutschland wird ein Betriebsrat gegründet.

In einem Raum stehen zahreiche Computer, an denen Menschen arbeiten. An der Wand ist der große Schriftzug "BuzzFeed.News" zu lesen

Betriebsratsgründungen sind etwas relativ Neues bei Digitalmedien Foto: getty

BERLIN taz | Knapp drei Wochen ist es her, dass Buzzfeed, das einst gefeierte Onlinemedium, 220 Angestellte entlassen hat. Das sind rund 15 Prozent der Belegschaft. Betroffen sind vor allem die Büros in den USA und Großbritannien. Das kleine Büro in Deutschland mit seinen acht Angestellten bleibt vorerst verschont.

Dennoch haben die MitarbeiterInnen in Berlin entschieden, einen Betriebsrat zu gründen. Ende Februar soll eine Person dafür gewählt werden. Sie soll vor allem dafür sorgen, die Kommunikation mit dem Mutterhaus in den USA zu verbessern. Sie soll sich außerdem an den Gesprächen rund um den geplanten konzernweiten Personalrat beteiligen. Nach den Entlassungsankündigungen hatten sich viele Buzzfeed-MitarbeiterInnen weltweit darüber beschwert, dass der CEO des Unternehmens, Jonah Peretti, sich intern kaum äußere.

Buzzfeed Deutschland folgt damit den Belegschaften in den USA und in Kanada. Die hatten in der Nacht zu Mittwoch via Twitter ebenfalls angekündigt, einen Betriebsrat zu gründen. Buzzfeed stehe nicht nur „für Spaß und Memes“, heißt es in einem Statement der MitarbeiterInnen aus den USA und Kanada. Seit mehreren Monaten schon organisiere sich die Belegschaft. „Wir machen uns Sorgen über die ungerechte Gehälterverteilung, über schlecht gemanagte Veränderungen und Kündigungen, schwache Bezüge, explodierende Kosten für Krankenversicherungen, Diversity und mehr.“

Daher gründe man nun zusammen mit der von Zeitungsjournalisten gegründeten Gewerkschaft NewsGuild in New York einen Betriebsrat. Die NewsGuild vertritt unter anderem auch die Angestellten der New York Times, von Reuters, Daily Beast und der Los Angeles Times.

Gewinne blieben aus

Neben Buzzfeed hatte in den letzten Wochen auch Vice Media angekündigt, gut 250 MitarbeiterInnen zu entlassen. Gegenüber der taz äußerten sich Vice-Sprecher nicht zu der Frage, ob davon auch das Deutschland-Büro mit seinen 130 Angestellten betroffen sein wird. Die Vice-MitarbeiterInnen in Berlin sind ebenfalls gerade dabei, einen Betriebsrat zu gründen. Ihre Kollegen in den USA haben bereits einen.

Die Geschäftsführung des deutschen Vice sagte gegenüber der taz, dass sie die Betriebsratsgründung unterstütze. Wie der Buzzfeed-CEO, Jonah Peretti, der auch Geschäftsführer des deutschen Ablegers ist, zu den Betriebsräten steht, ist bisher nicht bekannt. 2015 hatte er in einem Interview gesagt: „Ich glaube nicht, dass ein Betriebsrat gut für Buzzfeed wäre.“

Betriebsratsgründungen sind etwas relativ Neues unter den Digitalmedien. Laut einem Bericht der Harvard Business Review haben seit 2015 30 digitale Medienunternehmen Betriebsräte gegründet. „Die Zahl, der organisierten Mitarbeiter in den Internet-Medien hat sich seit 2010 verzwanzigfacht“, heißt es in dem Bericht, den die New York Times zitiert.

Der Grund dafür ist einfach: Gestartet sind die meisten dieser Digitalmedien zu Beginn oder Mitte der 2000er. Ihre Gründungen waren wie ein Rausch: Große Unternehmen, wie Rupert Murdochs 21st Century Fox oder Disney beteiligten sich mit hunderten Millionen Euro Wagniskapital. Das Geld floss, die Webseiten hatten bald mehr Zugriffe als die New York Times, weil sie konsequent auf Social Media setzten.

Das Rezept für den Erfolg mit Nachrichten im Netz schien gefunden. Doch die Gewinne blieben aus. Zwar steigerten viele der Unternehmen jährlich ihren Umsatz, allerdings kaum in dem erhofften Maße. In der Konsequenz kündigten drei der größten Player, Buzzfeed, Vice und die Huffington Post Ende Januar und Anfang Februar dieses Jahres Entlassungswellen an. Addiert man die zusammen, verlieren dort innerhalb von nur zwei Wochen 1300 MitarbeiterInnen ihre Jobs.

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