Berühmt wegen Flucht aus Auschwitz: KZ-Überlebender gestorben

Kazimierz Piechowski gelang vor 75 Jahren eine spektakuläre Flucht aus dem Konzentrationslager. Jetzt ist er im Alter von 98 Jahren gestorben.

Porträt Kazimierz Piechowski

Der Auschwitzüberlebende Kazimierz Piechowski im Jahr 2011 Foto: dpa

GDANSK dpa | Der für seine spektakuläre Flucht aus dem Konzentrationslager Auschwitz berühmte polnische Widerstandskämpfer Kazimierz Piechowski ist tot. Er starb am Freitag im Alter von 98 Jahren in der Hafenstadt Gdansk. Das teilte das polnische Institut für Nationales Gedenken (IPN) in Warschau mit. Piechowski war der letzte überlebende Teilnehmer einer gewagten Fluchtaktion in einem gestohlenen SS-Dienstwagen vor 75 Jahren.

Piechowski war kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs von einer deutschen Patrouille beim Versuch aufgegriffen worden, das besetzte Polen zu verlassen. Er hatte sich in Frankreich der polnischen Auslandsarmee anschließen wollen. Im Juni 1940 wurde er mit anderen politischen Gefangenen ins nationalsozialistische Konzentrationslager Auschwitz verschleppt.

Gemeinsam mit Stanislaw Jaster, Jozef Lempart und Eugeniusz Bendera brach er zwei Jahre später in ein SS-Lager ein, um Uniformen, Waffen und ein Dienstfahrzeug zu entwenden. Als Offiziere und Unteroffiziere der NS-Organisation verkleidet, seien sie am 20. Juni 1942 mit dem schwarzen Cabriolet des SS-Hauptsturmführers Paul Kreuzmann zum Lagertor gefahren, berichtete Piechowski später.

„Es war ein Steyr 220 – das war damals eines der besten Autos“, sagte er im Juni bei einer Veranstaltung der Auschwitz-Gedenkstätte. Die Bewacher hätten erst noch gezögert. Dann habe er gerufen: „Den Schlagbaum hoch oder ich schieß dir in deinen blöden Schädel.“ Da habe die Gruppe weiterfahren dürfen.

Denunziation nach dem Krieg

In anderen Berichten heißt es, das Auto sei gar nicht erst angehalten worden, weil die Bewacher glaubten, Kreuzmann sitze darin. Wegen angeblicher Beihilfe zur Flucht wurde der Häftling Kurt Pachala später von der Lagerleitung zum qualvollen Tod durch Verdursten verurteilt.

Den Rest des Krieges kämpfte Piechowski als Partisane in der Polnischen Heimatarmee (AK) im Untergrund. Nach dem Krieg fand er Arbeit in einer Fabrik, wurde dort aber von einem kommunistischen Spitzel denunziert. Die Behörden verurteilten ihn zu zehn Jahren Gefängnis, er wurde aber nach sieben Jahre entlassen, wie das Institut für Nationales Gedenken weiter ausführt.

Im Jahr 2004 erschienen Piechowskis Erinnerungen in Polen als Buch unter dem übersetzten Titel „Ich war die Nummer … Zeugnis aus Auschwitz“. Der Dokumentarfilm „Die Flucht“, in dem er selbst von seinen schrecklichen Erlebnissen erzählt, wurde vor einigen Jahren auch im deutschen Fernsehen gezeigt.

Nach Angaben des polnischen Historikers Jacek Lachendro versuchten etwa 900 Menschen, aus dem deutschen Lagerkomplex Auschwitz zu fliehen. Von ihnen hätten weniger als 200 das Ende des Krieges erlebt, denn die meisten seien auf der Flucht erschossen oder gefasst worden.

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