Berliner Wochenvorschau: Erinnern an dunkle Zeiten

Das Programm der jüdischen Kulturtage ist vielfältig: Geplant sind Theater- und Liederabende sowie Lesungen an verschiedenen Orten in der Stadt.

Außenaufnahme der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße.

Das Centrum Judaicum erinnert am Montag an 17.000 Juden und Jüdinnen polnischer Staatsangehörigkeit, die vor 80 Jahren aus Berlin in Richtung Polen verschleppt wurden Foto: dpa

Zunächst mal können wir an dieser Stelle Entwarnung geben: Die Weihnachtskekse müssen dieses Jahr bei niemandem nach billiger Margarine schmecken. Denn die Butterpreise bleiben, wie sie sind. Das zumindest meldet der Verband der Milchindustrie, der sich vergangene Woche mit Handelsvertretern ins illustre Waldorf Astoria am Hardenbergplatz zurückgezogen hatte, um dort um unser aller Milchpreise zu feilschen. Am Donnerstag sollen die neuen Verträge nun in Kraft treten. Ein Päckchen Butter beim Discounter werde dann weiterhin ungefähr 1,79 Euro kosten, verlautbarte der Hauptgeschäftsführer der Milchmänner und -frauen, Eckhard Heuser, frohgemut.

Zum Glück wird die Butter nicht teurer: Ob die Bauern, die am Rande des Existenzminimums wirtschaften, sich wohl auch so wahnsinnig darüber freuen, wie fett sie hinterher beim Butterkauf sparen können? Überhaupt, das Wort: Butterpreise. Nun gibt es in dieser Stadt zwar schlimme Armut, die Gefahr, den Hungertod zu sterben, ist aber eher gering.

Das war in dunkleren Zeiten freilich anders. An diese erinnert am Montag eine Gedenkveranstaltung im Centrum Judaicum in der Oranienburger Straße 28-30. Vor 80 Jahren hatten die Nazis etwa 17.000 Juden und Jüdinnen polnischer Staatsangehörigkeit aus Berlin in Richtung Polen verschleppt – es war eine der ersten größeren Deportationen.

Auf der Gedenkveranstaltung spricht neben Politprominenz wie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) auch die Tochter einer damals verschleppten Familie und erzählt, wie sie und ihr Mann Auschwitz überlebten. Passenderweise verleiht die Jüdische Gemeinde zu Berlin gemeinsam mit dem Förderkreis „Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V.“ am Montag auch den „Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus.“ Im vergangenen Jahr bekam ihn eine 15-jährige Schülerin aus Dresden, die sich gegen Antisemitismus von MitschülerInnen engagiert.

So, jetzt hat diese Kolumne beim Keksebacken angefangen und ist irgendwie bei Auschwitz gelandet. Was kann da die trübe Novemberstimmung wieder aufhellen? Der Sprung zurück in die Gegenwart vielleicht, die strahlt nämlich zum Glück etwas heller: Am Samstagabend starten die Jüdischen Kulturtage mit einem Konzert der ­„Y-Studs“, einer siebenköpfigen A-capella-Combo aus New York, die in der Synagoge in der Rykestraße in Prenzlauer Berg auftritt. Bis zum Sonntag, den 11. November, gibt es Konzerte, Theater- und Liederabende sowie Lesungen jüdischer Literatur an verschiedenen Orten in der Stadt.

Um die Kultur des Entkriminalisierens geht es hingegen der Berliner Linken: Die will bekanntlich, dass Schwarzfahren nicht länger als Straftat geahndet wird, für die gerade ärmere Menschen auch im Gefängnis landen, wenn sie das Bußgeld nicht aufbringen (können). Am Mittwoch trifft man sich zum Fachgespräch mit Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) und Innensenator Andreas Geisel (SPD). Beschlossen wir da wohl dieses Jahr nichts mehr. Aber, immerhin: Die Butter bleibt billig.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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