Berliner Wochenkommentar I: Es bleiben gefährliche Gegenden

Zwar gibt es weniger „kriminalitätsbelastete Orte“ in der Stadt. Doch Racial Profiling bleibt dort weiterhin ein Problem.

Zwei Polizisten schauen sich um

Die Polizei hält überall Wacht. Und ganz besonders, wie hier, am Alexanderplatz Foto: dpa

Kotti, Hermannplatz, Alex: Er soll Menschen geben, die diese Orte meiden. Weil sie Angst haben vor Taschendieben, blöder Anmache, pöbelnden Trinkern. Vielleicht auch nur, weil sie gehört oder irgendwo gelesen haben, dass dies „gefährliche Orte“ seien.

Und es wird schon was dran sein, schließlich sagt das auch die Polizei, die sie offiziell „krimininalitätsbelastete Orte“ (KBO) nennt. Weshalb sie dort besondere „Präsenz zeigt“ und ohne konkreten Anlass die anwesenden Leute kontrolliert. Das darf sie dort nämlich laut Allgemeinem Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog).

Und so ist die Nachricht von Montag, es gebe nur noch acht statt wie bisher zehn derartig definierte Orte in der Stadt, eine gute, könnte man meinen. Der Leopoldplatz in Wedding und der Kleine Tiergarten seien von der Liste gestrichen worden, weil die Zahl der dort verübten Straftaten deutlich zurückgegangen sei, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD).

Die Sache hat allerdings mehrere Haken. Zum einen: Selbst Polizei und Innensenator wissen, dass verstärkte Polizeikontrollen etwaige Kriminalität – etwa den Drogenverkauf im Görlitzer Park – lediglich verdrängen. Ursachenbekämpfung findet so nicht statt.

„Gefährliche“ Orte sind dies vor allem für People of Color

Zum anderen ist das Grundproblem der „krimininalitätsbelasteten Orte“ mit der Verkleinerung der Liste weiterhin gar nicht gelöst: dass sie gefährlich vor allem für People of Color sind. Sie seien es nämlich, die bei den „verdachtsunabhängigen“ Kontrollen vor allem kontrolliert werden, wie es etwa die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt seit Jahren kritisiert.

„Ban racial profiling – gefährliche Orte abschaffen“ hatte deswegen auch vor einem Jahr die gleichnamige Kampagne gefordert. Und dabei eigentlich auf Unterstützung des Senats gehofft. Der wollte das Asog laut Koalitionsvertrag so abschwächen, dass Kontrollen an „gefährlichen“ Orten wegen mutmaßlichen Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht – was ja geradewegs dazu einlädt, irgendwie „ausländisch aussehende“ Personen auf den Kieker zu nehmen – nicht mehr möglich wären.

Passiert ist in dieser Hinsicht aber nichts, bilanzierten die Macher der „Ban racial profiling“-Kampagne am Donnerstag enttäuscht. Und präsentierten ein Rechtsgutachten, laut dem die Verfassungsmäßigkeit des entsprechenden Asog-Paragrafen mindestens zweifelhaft ist.

Die Polizei wird das nicht weiter jucken. Racial Profiling, sagt sie seit Jahr und Tag, gebe es bei ihr nämlich gar nicht.

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