Berliner Steueraffäre: Wowereit bleibt auf der Piste

Nachdem der Kulturstaatssekretär die Konsequenzen aus seiner Steueraffäre gezogen hat, versucht der Regierende die Wogen zu glätten. Die Opposition ist empört.

Klaus Wowereit (re) mit dem jetzt entlassenen Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz. Bild: dpa

BERLIN taz | Skiurlaub abbrechen? Ich doch nicht! Nach dem Rücktritt von Kulturstaatssekretär André Schmitz sieht Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD) keinen Grund, vorzeitig aus seinem Winterurlaub zurückzukehren.

„Es bleibt bei der Planung, dass der Regierende Bürgermeister erst ab Sonntag wieder Termine in Berlin wahrnimmt“, teilte sein Sprecher Richard Meng am Dienstag auf der wöchentlichen Senatspressekonferenz mit.

Um neue Fragen gar nicht erst aufkommen zu lassen, ließ sich Schmitz mit seinem Rücktrittsgesuch Zeit, bis die Pressekonferenz zu Ende war. Erst um 14 Uhr teilte er schriftlich mit, dass er zurücktreten werde: „Ich tue diesen für mich persönlich schmerzhaften Schritt, um Schaden für das Amt und für die Berliner Kulturpolitik zu vermeiden.“

Schmitz, der seit 2006 Staatssekretär war, ging mit keinem Wort auf den Grund für seinen erzwungenen Abschied ein.

Am Montag war bekannt geworden, dass der wohlhabende Erbe der Schwarzkopf-Kosmetik-Dynastie Erträge aus einem geerbten Vermögen von fast einer halben Million Euro in der Schweiz nicht versteuert hatte. Erst bei einer Razzia 2012 in der Bank war der Betrug aufgefallen.

Schmitz hatte daraufhin rund 20.000 Euro Steuern nachgezahlt, ein Strafverfahren wurde gegen eine Geldbuße eingestellt. Schmitz hatte Wowereit 2012 über den Steuerbetrug informiert – und der Regierende hatte sich trotzdem entschieden, seinen Kulturstaatssekretär aufgrund von dessen parteiübergreifend anerkannter politischer Arbeit im Amt zu lassen.

Eine Entscheidung, die Wowereit laut seinem Sprecher Meng auch heute noch für richtig hält.

Gabriel fordert Vorbildfunktion ein

Und die er selbst am Montag noch als Verteidigung von Schmitz wiederholt hatte. Andere Sozialdemokraten teilten diese Einschätzung offenbar nicht. Noch bevor Wowereit den letzten Rettungsversuch unternahm, seinen Staatssekretär zu halten, ließ Parteichef Sigmar Gabriel wissen, SPD-Politiker hätten eine „Vorbildfunktion, der sie gerecht werden müssen“.

Scharfe Kritik hatte es auch am späten Montagnachmittag bei einer Telefonkonferenz des geschäftsführenden Landesvorstands gegeben. Wowereit war dabei aber nicht zugeschaltet, ließ SPD-Landessprecherin Josephine Steffens wissen. „Landeschef Jan Stöß hat ihn telefonisch erst nach der Schaltkonferenz erreicht.“

Senatssprecher Meng legte am Dienstag allerdings Wert darauf, dass es nicht die SPD war, die André Schmitz am Ende zum Rücktritt gedrängt habe: „Der Senat hat dies entschieden, nicht die Partei.“

„Im Konsens eingestellt“

Meng wies auch Kritik zurück, dass Wowereit kein Dienstrechtsverfahren eingeleitet habe. Juristisch sei der Fall geklärt: Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Schmitz sei „im Konsens eingestellt“ worden, deswegen gäbe es auch keine Straftatsfeststellung und folglich keine Möglichkeit für ein Dienstrechtsverfahren.

Die Debatte über „die Verfehlung wegen seiner privaten Steuerangelegenheiten“ (O-Ton Wowereit in seiner Danksagung an Schmitz) sei eine rein politische.

Die Opposition sieht das anders: „Auch wenn ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingestellt wird, muss der Dienstherr prüfen, ob es darüber hinaus ein Dienstvergehen gegeben hat“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Sie wolle außerdem wissen, welche Angaben die Staatsanwaltschaft an den Regierenden weitergegeben habe. Pop: „Klaus Wowereit sollte seinen Urlaub abbrechen und sich den Fragen stellen.“

„Verheimlichen, verstecken, verschweigen“

Der Piraten-Fraktionsvorsitzende Oliver Höfinghoff stellte fest: „Nach heutigem Erkenntnisstand muss von einer schweren Pflichtverletzung des Regierenden Bürgermeisters ausgegangen werden.“ Höfinghoff kritisierte: „Leider passt dieses Verheimlichen, Verstecken und Verschweigen nur zu gut zum Regierungsstil von Klaus Wowereit.“

Die Senatsverwaltung für Justiz wies Pressemeldungen zurück, dass Schmitz auch Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) persönlich von dem Verfahren gegen ihn unterrichtet habe. Allerdings habe Heilmann von dem Verfahren Kenntnis gehabt, so seine Sprecherin Lisa Jani. „Bei wichtigen Verfahren wird die Hausspitze unterrichtet.“ Allerdings gehörten Details zum Steuergeheimnis und dürften nicht weitergereicht werden.

Wowereit ließ mitteilen, dass er Schmitz für seine „herausragende Leistung im Interesse der Berliner Kultur“ danke. Bis ein Nachfolger gefunden sei, soll der Chef der Senatskanzlei Björn Böhning die Amtsgeschäfte des Kulturstaatssekretärs wahrnehmen. Allerdings sei die Suche keine Aufgabe, die „innerhalb der nächsten drei Tage“ über die Bühne gehen werde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.