Berliner Reaktionen auf den Brexit: Immerhin wird keine Mauer gebaut

Die Grünen befürchten, dass EU-Gegner vom Brexit profitieren könnten. Wirtschaftssenatorin Yzer (CDU) hofft auf positive Auswirkungen.

Britische Fahnen

Viel Wind gemacht Foto: dpa

Geschockt haben Berliner Politiker am Freitag auf den Brexit reagiert. Von einem „ökonomischem Eigentor“ der Briten sprach der grüne Berliner EU-Abgeordnete Michael Cramer; seine Berliner SPD-Kollegin Sylvia-Yvonne Kaufmann nannte den Austritt einen „historischen Moment, der die EU zweifellos schwächt“. Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) äußerte die Hoffnung, dass die Berliner Wirtschaft von dem Yes der Briten profitiert, weil künftig wichtige Firmen statt in London in Berlin ihre Unternehmenszentralen ansiedeln könnten.

Auch Yzer bedauerte die Entscheidung, da Großbritannien ein wichtiger Handelspartner für die Berliner Wirtschaft sei: Im vergangenen Jahr habe diese Waren im Wert von rund 550 Millionen Euro auf die Insel exportiert, Großbritannien stand damit laut Wirtschaftsverwaltung auf Platz sieben der wichtigsten Zielländer für Berliner Produkte. Die Wirtschaftssenatorin geht angesichts der wohl langwierigen Austrittsverhandlungen aber nicht davon aus, dass „unmittelbar neue Handelshemmnisse“ entstehen.

Vielmehr könnte Berlin einer der Nutznießer des Entscheids sein: „London war bislang eine wichtiger Standort für die Europazentralen multinationaler Unternehmen“, so Yzer. In den vergangenen zwei Jahren hätten sich bereits etwa 50 solcher Unternehmen mit ihren Zentralen in Berlin angesiedelt. Yzer: „Weitere sind willkommen.“

Der grüne Europaabgeordnete Cramer sieht das anders: „Berlin wird vom Brexit nicht profitieren, auch nicht wirtschaftlich“, sagte er am Freitag der taz. Die Auswirkungen im Alltag der Berliner dürften gering ausfallen: „Bei Reisen werden die Menschen vom Brexit vermutlich nicht viel merken. Es wird ja auch keine Mauer gebaut, und schon bisher gab es Grenzkontrollen, da Großbritannien nicht Teil von Schengenabkommens ist.“ Allerdings befürchtet Cramer, dass nach der Entscheidung in Großbritannien auch hier eine ähnliche Debatte aufkommen könnte. Deswegen müsse man „deutlicher machen, wer in der EU für was verantwortlich ist“.

Ähnliche Befürchtungen äußern die grünen Landesvorsitzenden Bettina Jarasch und Daniel Wesener: EU-Gegner auf dem Kontinent und nationale Egoismen dürften weiter befeuert werden. Deswegen müsse man „gerade jetzt mehr Europa wagen als zuvor“. Sollte die Berliner AfD den Brexit im hiesigen Wahlkampf thematisieren, „werden wir diese Auseinandersetzung offen angehen“, sagte Jarasch auf Nachfrage der taz.

Jarasch und Wesener lenkten mit einer offenen Frage zudem den Blick auch auf die rund 14.000 Briten, die in Berlin leben: „Was bedeutet der Brexit für ihre Arbeitserlaubnis und Reisefreiheit, für die Gesundheits- und Altersvorsorge?“

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sieht den Austritt mit Sorge. „Ich hoffe sehr, dass es kein Signal ist auch an andere europäische Partner, so einen Weg zu gehen“, sagte Müller. Die Entscheidung der Briten dürfe man nicht mit Häme betrachten. Dass sich das Land aus der Solidargemeinschaft verabschiede, sei ein „herber Rückschlag“.

Frank Henkel, CDU-Innensenator

„Eine neue Beitrittsperspektive muss entwickelt werden“

Innensenator Frank Henkel (CDU) war seiner Zeit mal wieder weit voraus: Er forderte, statt Groll zu hegen, müsse „ab morgen begonnen werden, eine neue Beitrittsperspektive zu entwickeln“.

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