Berlinale-Staralbum – Nora Fingscheidt: Die Fleißige

Fünf Jahre schrieb Nora Fingscheidt am Drehbuch zu ihrem ersten Langspielfilm. Der hat es nun direkt in den Wettbewerb geschafft.

Regisseurin Nora Fingscheidt im roten Pullover zur Premiere ihres Films "Systemsprenger"

Nora Fingscheidt im roten Pullover zur Premiere ihres Films „Systemsprenger“ Foto: Berlinale 2019

Sie trägt nicht Pink, wie man nach der Premiere ihres Debütspielfilms „Systemsprenger“ hätte erwarten können. Darin ist Pink nämlich die Farbe des Traumas, des Ausrasters und der Übergangsjacke der neunjährigen Antiheldin Benni (Helena Zengel). Regisseurin Nora Fingscheidt kommt im knallroten Wollpullover – was gar nicht so weit weg ist von der Signalfarbe ihres Films. Auch die inzwischen zehnjährige Hauptdarstellerin ist ganz nah bei ihr, schmust sich beim Fotocall eng an Fingscheidt.

„Dem Begriff ‚Systemsprenger‘ “ erklärt die 35-Jährige auf der Pressekonferenz, „hörte ich erstmals, als ich für eine Doku in einem Frauenwohnheim drehte. So nannten sie dort eine ‚schwierige‘ 14-Jährige, die alle Sta­tio­nen unseres Sozialsystems durchgemacht hatte, bis sie alt genug war, in dieses Haus zu ziehen.“ Das Wort habe sie zugleich fasziniert und befremdet. Schließlich müsse das System angepasst werden, wenn traumatisierte Menschen davon nicht aufgefangen werden können.

Die realistische Konstruktion von Einrichtungen und Erzieherfiguren lassen darauf schließen, dass Nora Fingscheidt fleißig recherchiert hat für das Drehbuch – an dem sie fünf Jahre schrieb, wie sie sagt. Sonst hat die Filmhochschulabsolventin Kurzfilme und Dokumentarfilme gemacht, die regelmäßig beim Max-Ophüls-Preis liefen. Zweimal war sie Teil des Berlinale-Talents-Programms und ist damit schon quasi ein Gewächs dieses Festivals. Kein Wunder also, dass Fingscheidts erster und wirklich gelungener Langspielfilm sich gegen jede Konkurrenz durchsetzen konnte und es direkt in den Wettbewerb geschafft hat.

Und kein Wunder auch, dass Fingscheidt kaum Kritik an der Filmbranche zu äußern weiß. Auf eine Frage nach ihrer Haltung zu #MeToo sagt sie: „Ich persönlich habe das Glück, Teil einer Generation zu sein, der alle Türen offen stehen. Ich wurde noch nie benachteiligt, weil ich eine Frau bin. Aber das ist der Verdienst der Kämpfe, die frühere Generationen ausgetragen haben.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.