Bericht von SIPRI-Friedensforschern: Deutsche Waffenschmieden boomen

Deutsche Rüstungskonzerne verkauften 2011 bis zu 55 Prozent mehr. Das zeigen Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri.

Kriegsgerät der Firmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | Die weltweit führenden Rüstungskonzerne verzeichneten 2011 erstmals seit einem Jahrzehnt eine deutliche Umsatzminderung. Mit 410 Milliarden Dollar setzten sie – alle Zahlen inflationsbereinigt – fünf Prozent weniger um als im Jahr zuvor.

Zu den Ausnahmen gehören die deutschen Waffenschmieden: Ganz gegen den allgemeinen Trend konnten sie ihre Umsätze durchweg steigern. Das zeigen die aktuellen Zahlen, die das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am heutigen Montag veröffentlicht.

Danach haben die Rüstungskonzerne weltweit zwar ein „Boomjahrzehnt“ mit einem Umsatzplus von 51 Prozent seit 2002 hinter sich, das sich allerdings bereits 2010 abbremste und ein Jahr später also in Minuszahlen umschlug.

Als Hauptgründe nennt Sipri die Kürzung von Militärhaushalten in den USA und in europäischen Ländern mit hoher öffentlicher Verschuldung. Beispielsweise sei ein einst großes Waffenexportland wie Griechenland fast ganz als Besteller verschwunden. Auch habe sich der Teiltruppenabzug aus dem Irak und Afghanistan bemerkbar gemacht – der Bedarf, das Militärmaterial dort ständig erneuern, reparieren und verbessern zu müssen, habe abgenommen.

Umsatzsteigerungen weisen aber nach wie vor die großen deutschen Rüstungskonzerne aus. Womit sie gleichzeitig ihre relative Position im weltweiten Ranking ausbauen konnten. Sipri berücksichtigt bei Unternehmen mit sowohl ziviler wie militärischer Produktion nur „Verkäufe und Dienstleistungen an militärische Kunden“.

Auf dieser Basis kletterte Rheinmetall mit einem Umsatzanstieg von sieben Prozent von Platz 32 auf Platz 26 der „Top 100“ und Diehl mit einem 14-prozentigem Plus vom 63. auf den 60. Platz. Der Panzerproduzent Kraus-Maffei/Wegmann hielt sich mit einem Plus von 9,4 Prozent auf Platz 54, während ThyssenKrupp seinen Waffenumsatz mit über 55 Prozent steigerte und gleich um 8 Plätze auf Rang 49 kletterte.

USA und Westeuropa dominieren den Waffenhandel

Dominiert wurde der Waffenhandel auch 2011 mit 89 Prozent der totalen weltweiten Umsätze und 74 der 100 Top-Konzerne von den USA und Westeuropa. Hinter den US-Konzernen Lockheed-Martin und Boeing landete die britische BAE-Systems im Sipri-Ranking auf Platz 3. Das europäische Gemeinschaftsunternehmen EADS verblieb mit einem leicht auf 16,4 Milliarden Dollar gestiegenen Umsatz auf Rang sieben. Acht russische, fünf japanische und je drei indische und südkoreanische Konzerne zählt die Top-100-Liste. China wurde mangels ausreichender Daten ebenso wie beispielsweise Kasachstan und die Ukraine vom Stockholmer Institut nicht berücksichtigt.

Teilweise bröckele zwar für die Konzerne nun also die Basis für ihren im Gefolge des 11. September 2001 gemachten Verkaufsboom, sagt Sipri-Waffenindustrieexpertin Susan T. Jackson. Doch hätten diese darauf schon längst reagiert und versuchten sich gegen Sparmaßnahmen immun zu machen. Zum einen hätten sie sich weiter spezialisiert, zum anderen bemühten sie sich, neue Märkte in Lateinamerika, dem Nahen und Mittleren Osten und Asien zu erschließen. Deutschland liegt dabei im Trend: Knapp zwei Drittel des deutschen Rüstungsexports gingen 2011 bereits in Länder außerhalb Europas und der Nato – Tendenz weiter steigend.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.