Bericht der Energieagentur: Viel Sonne und viel Schatten

Die Internationale Energieagentur lobt und kritisiert in ihrem „Länderbericht“ die deutsche Energiewende. So kann jeder seine Vorurteile bestätigen.

Die Internationalen Energieagentur findet die deutsche Energiewende inzwischen gut - aber zu schnell. Bild: dpa

BERLIN taz | Hinterher sahen sich alle bestätigt: Als die Chefin der Internationalen Energieagentur (IEA), Maria van der Hoeven, den „Länderbericht Deutschland“ am Freitag im Bundeswirtschaftsministerium vorgestellt hatte, gab es nur Gewinner: Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) erwähnte das Lob für das „Erneuerbare Energien-Gesetz“ - auch wenn van der Hoeven es als „zu erfolgreich“ gescholten hatte.

Die Nachrichtenagenturen schrieben, die IEA „kritisiert Kostenteilung der Energiewende“ und „Lob für Energiekonsens“. Und Wirtschafts-Staatssekretär Stefan Kapferer sah die Politik der Bundesregierung bestätigt, weil man in „vielen Empfehlungen übereinstimmt“. Dabei machte Maria van der Hoeven deutlich, dass die Bundesregierung bei der Reform des Emissionshandels gerade versagt.

Und alle hatten Recht. Denn im Länderbericht Deutschland steht all das und noch viel mehr. Alle fünf Jahre stellt die IEA in Paris ihren Mitgliedern Zeugnisse zur Energiepolitik aus. Und im Vergleich zur letzten Ausgabe 2007 hat sich viel verändert: Deutschland wagt Atomausstieg und Energiewende - und die IEA applaudiert inzwischen, das Land sei „auf dem richtigen Weg“. Vergessen sind die Zeiten, als die IEA auch für Deutschland die Nuklearenergie hoch hielt und vor dem Atomausstieg warnte.

Jetzt ist Maria von der Hoeven voll des Lobes: Es gebe mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt, der Stromhandel floriere, die Erneuerbaren boomen und vor allem „ist das größte politische Kapital der energiepolitische Konsens in der Gesellschaft.“ Doch der schnelle Ausbau von Wind- und Sonnenstrom sei „zu erfolgreich, die Kapazitäten wachsen exponentiell“. Der Zubau müsse mit den Netzen und dem Markt Schritt halten, mahnt die IEA-Chefin. Die Regierung solle einen Weg finden, den Ausbau zu kanalisieren, die hohen Strompreise („ein Warnsignal!“) zu senken, ohne die Entwicklung abzuwürgen. Wie eine solche Lösung, die alle suchen, aussehen könnte, sagt die IEA aber nicht.

Unternehmen an Stromkosten beteiligen

Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Sie trägt Daten zusammen und analysiert die Entwicklungen. Und die sind zwei Jahre nach dem Beginn der Energiewende unter der CDU/CSU-FDP-Regierung eben widersprüchlich: Für die Behörden wie die Bundesnetzagentur gibt es Lob, andererseits seien „weitere Maßnahmen notwendig, um die Energiewende nachhaltig, bezahlbar und wettbewerbsfähig zu gestalten“.

In dem 200-seitigen „Review“ werden alle Energiethemen ausgebreitet, aber heiß debattiert werden eben die Auswirkungen der Energiewende. Der deutsche Strompreis, in Europa „im oberen Bereich“, wie van der Hoeven sagt, sei wichtig für die Wettbewerbssituation der Unternehmen, aber eben auch für die Zustimmung der Bevölkerung.

Um ihn zu senken, schlägt die IEA vor, könnten auch die Betreiber von Fotovoltaik-Anlagen an den Netzkosten beteiligt werden - und auch die Unternehmen, die bisher von den niedrigen Preisen an der Strombörse profitieren, müssten „fair und angemessen an den Kosten der Energiewende beteiligt werden.“

Gar nicht zufrieden mit der Bundesregierung ist die IEA allerdings beim Emissionshandel. Das Umweltministerium würde ihn gern reformieren, das Wirtschaftsministerium bremst, deshalb hält sich Berlin in Brüssel zurück. „Es wäre sehr hilfreich, wenn Deutschland eine Führungsrolle übernähme“, sagt van der Hoeven. „Ohne einen wirksamen CO2-Preis und ohne politische Entscheidungen“ werde die Kohle auch mittelfristig wieder stärker eingesetzt werden und die Klimaziele gefährden. „Es muss verhindert werden, dass der Kohleboom neue Gaskraftwerke verhindert“, so van der Hoeven.

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