Belgien debattiert UN-Migrationspakt: Die Rechte macht Druck

Der UN-Migrationspakt droht die belgische Regierung zu spalten. Die nationalistische Koalitionspartei N-VA distanziert sich vom Regierungschef.

Schwarze Männer mit blankem Oberkörpfer posieren in Richtung Kamera.

Ende September. Eritreische Migranten fordern in Brüssel mehr Rechte Foto: ap

BRÜSSEL taz | Sechs Monate vor der Parlamentswahl im Mai rutscht Belgien in die Krise. Ein Streit über den UN-Migrationspakt könnte gar zum Sturz der Föderalregierung in Brüssel führen. Allerdings versucht Premierminister Charles Michel, den Bruch noch zu verhindern – und den Pakt bei der UN-Konferenz in Marrakesch zu unterzeichnen.

Auf dem Spiel stehe nicht nur die Regierung, sondern auch das Image Belgiens als liberales und weltoffenes Land, hieß es am Mittwoch in Brüssel. Gleichzeitig wurde darüber spekuliert, wie viele Stunden die heterogene Regierungskoalition aus Liberalen, Christdemokraten und der flämischen N-VA noch hält.

Wegen der nationalistischen Linie von N-VA-Chef Bart de Wever galt die Regierung seit ihrem Start 2014 als „Kamikaze“-Koalition. „Die Regierung, die nach Marrakesch fährt, hat nicht die Unterstützung der N-VA“, drohte De Wever. Allerdings hat er es bisher vermieden, die Reißleine zu ziehen.

Das nutzte Premier Michel, um eine „progressive“ Mehrheit mit Grünen und Sozialisten zu schmieden. Im Parlament wurde am Mittwoch auch über den UN-Migrationspakt beraten. Michel hofft auf breite Unterstützung für eine Resolution, mit der er dann nach Marrakesch reisen kann. „Wer jetzt den Stecker zieht, handelt unverantwortlich“, sagte Michel dem Sender Bel RTL.

Der rechtsextreme Vlaams Belang mobilisiert

Derweil heizt sich die Stimmung im Norden des Königreichs weiter auf. Besonders aktiv ist dabei der rechtsextreme Vlaams Belang, der nicht an der Regierung beteiligt ist. Er kündigte für Samstag eine Veranstaltung zum Migrationspakt mit dem US-Ideologen Steve Bannon im flämischen Parlament an.

Bei den Kommunalwahlen im Oktober hatte der Vlaams Belang an Stimmen gewonnen. Allerdings legten landesweit auch die Grünen zu. De Wever und Michel versuchten, sich für die Wahl im Mai zu positionieren und neue Koalitionen abzustecken. Der Streit um den UN-Migrationspakt sei letztlich nur vorgeschoben.

Allerdings ist Belgien mit diesem Streit nicht allein. Österreich, Ungarn und Italien haben sich unter dem massiven Druck rechter Populisten und Nationalisten bereits gegen den Migrationspakt ausgesprochen. Die EU ist in dieser Frage gespalten. Und die EU-Kommission, die eigentlich aufklären sollte, schweigt.

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos scheint neuerdings zurückzuweichen. Am Dienstag schlug er vor, die heikelsten Fragen der EU-Migrationspolitik – die Asylverfahrensordnung und die Dublin-Verordnung mit den Aufnahmeregeln für Asylbewerber – zurückzustellen. Die Migration ist zu einem Minenfeld geworden – nicht nur in Belgien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.