Baumarktunternehmen vor Insolvenz: 20 Prozent auf nichts mehr

Die Sanierung der Baumarktkette Praktiker ist vorerst gescheitert. Die Strategie der Discount-Schiene ist nicht aufgegangen. Der Konzern beschäftigt 18.000 Mitarbeiter.

Hier spricht bald kein Preis mehr. Bild: dpa

HAMBURG dpa | Die Baumarktkette Praktiker steht vor der Pleite. Neben dem Insolvenzgrund der Überschuldung sei auch die Zahlungsunfähigkeit der Praktiker AG gegeben, teilte das Unternehmen am Mittwochabend in Hamburg mit. Der Vorstand werde für die Unternehmensgruppe prüfen, für welche Gesellschaften Insolvenzanträge zu stellen sind. Ein Gang zum Insolvenzgericht dürfte am Donnerstag schon bevorstehen.

Der Praktiker-Konzern hat rund 18.000 Mitarbeiter und betreibt nach Firmenangaben fast 430 Bau- und Heimwerkermärkte in neun Ländern, davon über 300 in Deutschland.

Unter der Holding Praktiker AG sind einzelne Firmen wie Praktiker Deutschland, eine Servicefirma aber auch die Markenperle Max Bahr zusammengeführt. Ziel der Sanierung war der Umbau etlicher Praktiker-Filialen auf diese ertragsstärkere gelbe Marke. Praktiker sollte als Discount-Schiene mit verkleinertem Angebot dienen.

Rabattstrategie fehlgeschlagen

Der mühevolle Weg der Sanierung für den Baumarkt-Konzern ist nun vorerst gescheitert. Praktiker war durch eine fehlgeschlagene Rabattstrategie in eine schwere Krise geraten und hatte erst im vergangenen Jahr seine Finanzierung für die nächsten Jahre sichern können.

Mit einem Bündel von Maßnahmen bemühten sich wechselnde Vorstandschefs um eine Stabilisierung des Unternehmens, das zudem noch durch strategische Differenzen zwischen Aktionärsgruppen und Vorstand belastet wurde. Zuletzt wurden der Einkauf gestrafft, die Konzernzentrale aus dem Saarland nach Hamburg verlegt, ein Sanierungsbeitrag der Mitarbeiter erwirkt und Mietverträge nachverhandelt.

Die Verhandlungen über weitere Sanierungsfinanzierungen seien gescheitert, weil einzelne Gläubigergruppen diesen nicht zugestimmt haben, teilte Praktiker mit. Außerdem flossen Verkaufserlöse nicht, die schon im Finanzierungskonzept aus dem Jahr 2012 fest eingeplant waren. So sollte eine Luxemburger Tochter ursprünglich verkauft werden.

Eigentlich wollte der erst im Herbst 2012 installierte Vorstandschef Armin Burger das Geschäft in diesem Jahr auf ein solides Fundament stellen. Doch schon der Jahresstart verhagelte. Der Konzernumsatz ging in den ersten drei Monaten gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um mehr als zehn Prozent auf 570 Millionen Euro zurück. Der Verlust lag mit 118 Millionen Euro deutlich über dem Vergleichswert von 72 Millionen Euro.

Folgen des langen Winters

Ursache für die schwachen Zahlen waren für die Heimwerkerbranche der lange Winter und der damit verzögerte Start in die Frühjahrssaison. Doch die fiel wetterbedingt wieder mau aus, die Gartenabteilungen der Baumärkte blieben auf Pflanzen und Gartengerät zunächst sitzen. Praktiker legt seinen nächsten Quartalszahlen Ende Juli vor.

Die Entscheidung, Max Bahr zur tragenden Säule des Unternehmens zu machen, sei „überfällig“, hatte der Vorstandschef gesagt. „Mit Max Bahr haben wir Jahr für Jahr Geld verdient, mit Praktiker nicht.“ Gegenwärtig gibt es bundesweit rund 132 Max-Bahr-Märkte, zum Ende des Jahres sollten es 200 sein. Auch aus dem Ausland, unter anderem der Türkei und aus Luxemburg, hatte sich Praktiker zurückgezogen.

Im ersten Quartal beschäftigte der Konzern 17.800 Mitarbeiter, das sind 3,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Davon arbeiten knapp 7000 im Ausland.

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