Basis gegen Demo-Kameras: SPD ändert die Perspektive

Die SPD-Basis will das neue Gesetz zu polizeilichen Übersichtsaufnahmen von Demos wieder kippen. Der Parteitagsbeschluss juckt die Fraktion aber wenig.

Bald wieder ausgeschaltet? Filmender Polizist auf Demonstration. Bild: dpa

Einen Monat ist es erst alt, und schon stellt sich die SPD gegen ihr eigenes Gesetz zu Übersichtsaufnahmen bei Demonstrationen. Auf ihrem Parteitag am Wochenende votierten die Sozialdemokraten für die Abschaffung der polizeilichen Filmerei.

Nun steht Zoff ins Haus. Denn die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus kündigte am Montag an, diesem Votum nicht zu folgen. „Ich sehe wenig Chancen, das Gesetz wieder zu ändern“, sagte Frank Zimmermann, Innenexperte der Fraktion. Auch Thomas Kleineidam, innenpolitischer Fraktionssprecher, nannte es „Unsinn“, das gerade eingeführte Gesetz wieder zu kippen. Er verwies auf den rot-schwarzen Koalitionsvertrag, der vom Parteitag abgesegnet wurde. Darin stünden die Übersichtsaufnahmen, und „das haben wir umgesetzt“, so Kleineidam.

Pünktlich zum 1. Mai hatte Rot-Schwarz das Gesetz verabschiedet. Damit ist es der Polizei quasi immer gestattet, Demonstrationen zur Einsatzlenkung zu filmen. Einziges Kriterium ist, dass die Demo „groß“ und „unübersichtlich“ ist. Bisher galt dies nur, wenn ein „unfriedlicher“ Verlauf zu erkennen war.

Der SPD-Antrag kritisiert das als „Kriminalisierung all jener, die von ihren Grundrechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen“. Demonstranten dürften nicht unter Generalverdacht gestellt werden, das Gesetz gehöre abgeschafft. Eingereicht wurde der Antrag vom Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg. Im ersten Entwurf war sogar von einer „willkürlichen Repressionsmaßnahme“ und der „reaktionären Innenpolitik der Berliner CDU“ die Rede. Auf dem Parteitag wurde das in einem Ersetzungsantrag abgemildert – die Antragskommission empfahl dennoch eine Ablehnung. Vergebens: Die 225 Delegierten, größtenteils aus dem linken Lager, gaben der Initiative eine Mehrheit.

Bindend ist der Beschluss für die Fraktion nicht. Auch aus Reihen der CDU hieß es am Montag, es werde keine neue Debatte über das Gesetz geben. Dieses sei intensiv vorbereitet worden, der Grundrechtseingriff „äußerst milde“.

Die Opposition hatte das Gesetz als unverhältnismäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit kritisiert. Grüne, Linke und Piraten bereiten derzeit eine gemeinsame Verfassungsklage vor. Grünen-Innenexperte Benedikt Lux nannte den SPD-Streit zwischen Basis und Fraktion ein „albernes Rollenspiel“. Die SPD solle sich „endlich auf eine kohärente Position einigen“.

Polizeipräsident Klaus Kandt hatte die Videoaufnahmen stets verteidigt. Diese dienten nur der Einsatzsteuerung und würden nicht gespeichert. Auch werde nicht auf Teilnehmer gezoomt. Zumindest eine weitere Diskussion dürfte Kandts Behörde erspart bleiben: Der Parteitag beriet auch über ein Verbot von Pfefferspray für Polizisten auf Demonstrationen. Der Antrag, eingebracht von den Jusos, wurde in den SPD-Fachausschuss sowie die Fraktion überwiesen. Letztere hat auch hier bereits deutlich gemacht, was sie von der Initiative hält: nichts.

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