Barrierearmes Wohnen: Unterstützung aus dem 3D-Drucker

Ikea Israel und zwei NGOs stellen Erweiterungen für Möbel aus dem 3D-Drucker bereit. Die Extrateile sollen Menschen mit Behinderungen helfen.

Ein Junge im Rollstuhl an einem Tisch

Menschen mit Einschränkungen haben besondere Bedürfnisse, die manche Möbel nicht erfüllen Foto: imago /Panthermedia

Eldar ist ein junger Mann mit zerebraler Lähmung. Das Leben in einer Welt, die an durchschnittliche Menschen angepasst ist, fällt ihm normalerweise schwer. Mit seinen durch Spastiken verbogenen Fingern kann er den winzigen Knopf einer Schreibtischlampe kaum erreichen. Ein Werbespot des Ikea-Projekts „ThisAbles“ zeigt in munteren Farben, wie ein vergrößerter Lampenknopf dem 32-Jährigen helfen kann.

Insgesamt 13 solcher Möbel-Erweiterungen hat Ikea Israel, eine nationale Verkaufsgesellschaft des globalen Möbelkonzerns, zusammen mit den israelischen Non-Profit-Organisationen „Milbat“ und „Access Israel“ entworfen. Alle Bauteile lassen sich am 3D-Drucker ausdrucken. Was futuristisch klingen mag, ist gar nicht so aufwändig: Einer Test-Preisanfrage der taz zufolge kostet der spezielle Lampenknopf je nach Material um die 10 Euro, wenn er als 3D-Druck in Auftrag gegeben wird.

In einigen Youtube-Videos zeigen Betroffene, wie die einzelnen Teile angewendet werden können: Ein Spiegel ins Regalfach gehängt und eine Rollstuhlfahrerin kann von unten hineinschauen. Ein Pinselhalter am Finger und ein gelähmtes Mädchen kann Bilder malen. Die Vision des Unternehmens Ikea sei es, möglichst vielen Menschen eine bessere Lebensqualität zu bieten, lautet die Begründung auf der Projektseite. Die Möbel-Erweiterungen sollen die „Lücken zwischen den speziellen Bedürfnissen und regulären Ikea-Produkten überbrücken.“

Während die schwedischen Möbel des marktbeherrschenden Unternehmens fast in allen Ländern die Wohnzimmer erobert haben, wurden Menschen mit Behinderungen wie Eldar bisher wohl wenig berücksichtigt. Über das Design des weltweit einheitlichen Sortiments wird bei Ikea in Schweden entschieden. Ob die Idee aus Israel dort ankommt, ist nicht klar. Die kostenlosen Pläne für die Möbel-Erweiterungen lassen sich derzeit nur auf der Internetseite in Englisch und Hebräisch abrufen. Ikea Deutschland findet das Projekt „sehr spannend“, man habe aber keine Informationen dazu, ob und wann die erarbeiteten Lösungen weltweit geteilt würden, sagte eine Pressesprecherin der taz.

„Sogenannte barrierefreie Produkte sollten selbstverständlicher werden“, sagt Vera Schmitz, Innenarchitektin und Sachverständige für „barrierefreies Bauen“. Bisher gebe es neben individuell angefertigten Tischlerarbeiten nur ein paar Hersteller, die Produkte auf diese Nutzergruppe zugeschnitten hätten. Die gezeigten Bauteile findet Schmitz „hilfreich, wenn der Aspekt der Erschwinglichkeit berücksichtigt wird.“ Billig ist das Erfolgsrezept von Ikea, das ist für eine behindertengerechte Edition vielversprechend.

Das Projekt „ThisAbles“ will weitere Produkte entwickeln. Auf der Internetseite steht ein Kontaktformular bereit, in dem Besucher*innen Ideen für barrierearme Ikea-Möbel hinterlassen oder auf Gebrauchsprobleme aufmerksam machen können. Auch wenn die 13 existierenden Teile eher nach minimalen Veränderungen aussehen, könnten individuelle Konstruktionen aus dem 3D-Drucker den Alltag von Menschen mit Körperbehinderung verbessern.

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