Barley als Spitzenkandidatin nominiert: Nur noch kurz die SPD retten

Katarina Barley stellt sich als Spitzenkandidatin für die EU-Wahl vor. Auf den Job als Justizministerin verzichte sie schweren Herzens.

Andrea Nahles und Katarina Barley

SPD-Vorsitzende Andrea Nahles (l.) stellt Bundesjustizministerin Katarina Barley als Spitzenkandidatin zur EU-Wahl 2019 vor Foto: dpa

BERLIN taz | „Da draußen brauchen sie mich jetzt / Die Situation wird unterschätzt / Und vielleicht hängt unser Leben davon ab“, singt Tim Bendzko. Und wäre der Song nicht schon vor sieben Jahren, erschienen, könnte man meinen, er singt über Katarina Barley, die am Dienstag überraschend zur Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl im Mai nominiert worden ist. Barley, die innerhalb von drei Jahren drei Ämter inne hatte – erst SPD-Generalsekretärin, dann Familienministerin und aktuell Justizministerin. Und nun also Brüssel. Am Mittwoch trat Barley vor die Presse, um ihre Motive zu erläutern. Es gibt zwei.

Sie wolle einerseits Verantwortung für Europa übernehmen, erklärte Barley. „Die nächste Wahl ist eine Schicksalswahl.“ Die EU befinde sich am Scheideweg: „Werden wir weiterhin mit den Mitgliedstaaten nach Lösungen zum Wohle aller suchen oder verwandeln wir uns in eine Institution der Egoisten, wo jeder nur noch nach seinem eigenen Vorteil strebt?“ Barley, die einen deutschen und einen britischen Pass besitzt, bezeichnete sich als geborene Europäerin.

Zugleich ist sie aber auch eingefleischte Sozialdemokratin: „Ich übernehme Verantwortung für meine Partei“, erläuterte Barley ihren Grund Nummer zwei, womöglich sogar der Hauptgrund. „Weil sie sich in durchaus schwierigem Fahrwasser befindet.“

„Wechselnde Pegelstände“

Das ist hübsch ausgedrückt. Bei der bayerischen Landtagswahl am Sonntag halbierte sich die SPD und ist nur noch fünftstärkste Kraft in Bayern. In eineinhalb Wochen wählt Hessen und der dortige SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel unternimmt den dritten (und vielleicht letzten) Versuch, Ministerpräsident zu werden. Die SPD liegt derzeit bei 23 Prozent und damit deutlich hinter der CDU.

Die Partei braucht also dringend eine Aufmunterung. „Ich möchte meinen Anteil dazu leisten, dass es nach oben geht mit der Sozialdemokratie“, sagte Barley am Mittwoch. „Ich liebe diese Partei.“

SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, die Barleys Nominierung zuvor offiziell verkündet hatte, nickte zu jedem ihrer Worte. Sie betonte, Barley sei ihre erste Wahl gewesen, sie habe früh auf sie gesetzt und keinen anderen Sozialdemokraten gefragt. Nahles und der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Udo Bullmann, nach Barley Platz zwei auf der Liste, hatten sich schon vor einigen Monaten zusammengesetzt und auf Barley geeinigt. Barley soll ihnen jedoch zunächst abgesagt haben.

Es falle ihr schwer auf ihren Job als Justizministerin zu verzichten, aber sie sei mit sich im Reinen.

Barley bestätigte das indirekt – „Es gab wechselnde Pegelstände.“ Zum Schluss sei sie es aber gewesen, die auf Nahles zugegangen sei und gesagt habe: „Ich mache es.“ Es falle ihr schwer, auf ihren Job als Justizministerin zu verzichten, aber sie sei mit sich im Reinen.

Ohne Gegenstimme

Im 17-köpfigen Parteipräsidium, das Barley nominiert hatte, gab es keine Gegenstimme. Präsidiumsmitglied Ralf Stegner sagte der taz zu Barleys Nominierung: „Das ist das positive Signal, das wir jetzt brauchen.“ Barley stehe für eine moderne, progressive SPD. Ihre Nominierung, nach einigem Hin und Her, sei eine sehr gute Entscheidung.

Barley muss nun noch von einer Delegiertenkonferenz am 9. Dezember offiziell zur Spitzenkandidatin gewählt werden.

Bis zur EU-Wahl will sie Justizministerin bleiben und begründete das mit wichtigen Vorhaben, die zu Ende gebracht werden müssten. Barley versprach aber: „Sie werden sich nicht beschweren können über meinen Einsatz.“ Die Latte liege hoch, das räumte Barley auch ein. Bei der vergangenen EU-Wahl erzielte die SPD noch 27 Prozent, davon kann die Partei derzeit nur träumen. Der damalige Spitzenkandidat: Martin Schulz, zuletzt SPD-Kanzlerkandidat.

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