Bahnverbindungen nach Polen: Endlich auf der Schiene

Der deutsch-polnische Bahngipfel stellt nach langen Verhandlungen die Weichen für eine Verbesserung des Zugverkehrs nach Stettin, Warschau und Breslau.

Großer Bahnhof beim dritten Bahngipfel Foto: dpa

Das dritte Treffen hat den Durchbruch gebracht. Als „wichtigen Teilerfolg zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs“ hat Dietmar Woidke (SPD) den deutsch-polnischen Bahngipfel gewertet. Vor allem der beschlossene zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Berlin–Stettin sei ein „Meilenstein für die europäische Metropolenregion“ Berlin und Brandenburg, so Brandenburgs Ministerpräsident.

Der dritte Bahngipfel fand am Montag an einem historischen Ort statt, dem Potsdamer Kaiserbahnhof. Theodore Roosevelt war hier schon zu Gast, der russische Zar Nikolaus II., und diesmal kam aus Warschau Renata Szczęch angereist, die Deutschland-Koordinatorin der polnischen Regierung.

Den wichtigsten Part aber hatte Ronald Pofalla inne. Der ehemalige Chef des Bundeskanzleramtes, seit 2017 zuständig für die Infrastruktur der Deutschen Bahn, unterzeichnete zusammen mit der Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) und der Brandenburger Infra­strukturministerin Kathrin Schneider (SPD) eine gemeinsame Absichtserklärung für den zweigleisigen Ausbau der Strecke von Angermünde bis zur polnischen Grenze.

Pofalla sagte: „Die Weichen für den durchgehend zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Berlin–Stettin sind mit der nun unterzeichneten Absichtserklärung gestellt. Damit schaffen wir Voraussetzungen für deutlich verbesserte grenzüberschreitende Zugverbindungen.“

Vor allem die Bahn hatte sich bislang gegen diesen Ausbau gewehrt. So hatte der zweite Bahngipfel 2016 ihn zwar als „dringend erforderlich“ gewertet. Doch 2017 gab die Bahn bekannt, doch nur einen eingleisigen Ausbau zu planen. Planungsgrundlage war ein Einstundentakt, allerdings nicht im Fern-, sondern im Regionalverkehr.

Doch die Beharrlichkeit Berlins und Brandenburgs zahlte sich aus. Der nun vertraglich fixierte Ausbau, den zuvor auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) unterzeichnet hatte, soll 100 Millionen Euro mehr kosten. Auch Berlin und Brandenburg beteiligen sich an den Mehrkosten. Auf der zweigleisigen Strecke könnte die Strecke ab 2023 mit einer Fahrzeit von 90 Minuten befahren werden. Voraussetzung dafür aber ist eine schnelle Planung des Ausbaus, sagen Branchenkenner. Gerade die Planungsabteilung sei bei der Bahn zuletzt ein Nadelöhr gewesen.

Gute Nachrichten gibt es auch für Reisende zwischen Berlin und Warschau. Bereits ab 2020 soll auf dieser Strecke der Takt verdichtet werden. Bisher fährt der Berlin-Warszawa-Express vier mal täglich je Richtung.

„Nach dem Engpass bei der Infrastruktur kommt nun der Engpass bei den Fahrzeugen“

Ganz einfach ist ein Ausbau des Angebots aber nicht. Die Deutsche Bahn investiert im Fernverkehr vor allem in den ICE. Neue sogenannte lokbespannte Züge sind nicht vorgesehen. Deshalb überlässt die Bahn den Ausbau des Angebots der polnischen Staatsbahn PKP.

Schon jetzt wird der Berlin-Warszawa-Express vorwiegend mit Fahrzeugen der polnischen „PKP Intercity“ betrieben. Doch diese hat nicht genügend sogenannte Mehrsystemfahrzüge, die in beiden Ländern zugelassen sind. Zwar versucht die PKP derzeit für ihre hochmodernen Pendolinos die Zulassung beim Eisenbahnbundesamt zu bekommen. Doch bislang hat sie nur 20 dieser Hochgeschwindigkeitszüge. „Nach dem Engpass bei der Infrastruktur kommt nun der Engpass bei den Fahrzeugen“, sagt ein Verkehrsplaner der taz.

Ohnehin müssen sich Reisende zwischen beiden Hauptstädten noch gedulden. Wegen Bauarbeiten wird der Berlin-Warszawa-Express bis Sommer 2019 über Gnesen umgeleitet, die Fahrzeit beträgt statt fünfeinhalb Stunden eine Stunde mehr.

Auch auf polnischer Seite ist man mit den Ergebnissen des Bahngipfels zufrieden. Neben Renata Szczęch hatten auch Andrzej Bittel, Unterstaatssekretär im Ministerium für Infrastruktur, und Krzysztof Mamiński, der Chef der PKP, teilgenommen. Noch immer aber seien die meisten deutsch-polnischen Verbindungen Regionalverkehre, kritisierte Iwona Budych vom deutsch-polnischen Fahrgastverband. Der Zeitschrift Rynek Kolejowy sagte sie: „Auf dem nächsten Bahngipfel muss die Frage langfristiger Verträge über die grenzüberschreitenden Verbindungen in Angriff genommen werden.“

Zumindest auf der Strecke Berlin–Breslau und weiter nach Krakau zeichnet sich nun aber ein Wechsel vom Regionalverkehr in den Fernverkehr ab. So soll auf dieser Strecke eine „Zugverbindung mit Intercity-Qualität“ eingerichtet werden. „Das ist der Wiedereinstieg in den Fernverkehr, auf den wir lange gewartet haben“, frohlockte Brandenburgs Regierungschef Woidke, der auch Polenkoordinator der Bundesregierung ist.

Allerdings ist noch nicht ausgemacht, ob dieser „Intercity“ dann wie von Brandenburg gewünscht über Cottbus fährt. Zwar wäre die Strecke, die weiter über Horka und Węgliniec führt, bis Breslau in dreieinhalb Stunden zu schaffen. „Wenn aber auch hier die PKP den Betrieb übernimmt“, sagt ein Experte, „hat Polen das Interesse, die Trasse über Grünberg zu führen.“ Das würde zwar von Breslau fast eine Stunde länger dauern, hätte für die PKP aber den Vorteil, über Frankfurt (Oder) fahren zu können. „Damit reduzieren sich die teuren deutschen Trassenkosten“, so der Experte.

Einig waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gipfels, dass der Kulturzug nach Breslau bis Ende 2019 fährt.

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