Bafög-Bericht des Bildungsministeriums: Bummeln mit Bedacht

Die Bundesregierung verschiebt ihren Bafög-Bericht. Aus gutem Grund: Der Anteil der Bezieher sank, wie ein alternativer Bericht zeigt.

Junge Leute beim Eisbaden

Die Lebenshaltungskosten steigen. Zum Glück ist Warmduschen nicht alles Foto: dpa

BERLIN taz | Die Fragestunde im Bundestag ist ein wichtiges Instrument der Opposition, um die Regierung zu kontrollieren und auf wichtige Themen aufmerksam zu machen. Am Mittwoch ging es erst um Wölfe, dann um Atomkraftwerke und schließlich ums Bafög: Wann denn der Bafög-Bericht vorliege, fragte der Hochschulexperte der Grünen, Kai Gehring, im Plenum den Vertreter des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Gehrings harmlos klingende Frage hat einen ernsten Hintergrund: Der Bafög-Bericht der Regierung, der eigentlich im Februar fällig wäre, verzögert sich. Denn das von Johanna Wanka (CDU) geführte Ministerium bummelt mit Bedacht. Erstens hat man beschlossen, die zweijährige Bafög-Berichterstattung zu durchbrechen und nur noch aller drei Jahre zu berichten.

Und zweitens geben die Zahlen gerade auch keine positiven Schlagzeilen her, wie aus einem alternativen Bafög-Bericht hervorgeht, den die DGB-Jugend und Studierendengruppen zu Wochenbeginn vorlegten. Dieser Bericht, der sich ebenfalls auf die Zahlen des Statistischen Bundesamts stützt, zeigt, dass der Anteil derjenigen SchülerInnen und Studierenden, die die Bundesausbildungsförderung beziehen, seit 2012 kontinuierlich gesunken ist.

Hauptgrund für die fallende Tendenz ist demnach, dass immer mehr Kinder studieren, doch das Bafög blieb das gleiche. So stiegen etwa die Freibeträge, also die Einkommensgrenzen für die elternabhängige Förderung, nicht mit den Löhnen, sondern blieben starr. Ergo: Immer mehr SchülerInnen und Studierende hatten zu reiche Eltern, um Bafög zu bekommen.

Zwar nimmt der Alternative Bafög-Bericht hier Bezug auf die Gesamtzahl der Studierenden und kommt zu einer Gefördertenquote von lediglich 15 Prozent für das Jahr 2015. Die Bundesregierung rechnet jedoch diejenigen, die sowieso keinen Anspruch auf das Bafög haben, von vornherein raus. Doch die Tendenz dürfte in beiden Berechnungen ähnlich aussehen. Denn zwischen 2010 und 2016 gab es keine Bafög-Anpassungen.

Zwar hat die Große Koalition Ende 2014 endlich eine Erhöhung der Bedarfssätze und der Einkommensgrenzen beschlossen. Doch bis die SchülerInnen und Studierenden dieses Weihnachtsgeschenk auspacken durften, dauerte es noch bis zum Beginn des derzeitigen Wintersemesters.

Alternativer Bafög-Bericht

„2015 wurden 88.288 Personen weniger gefördert“

Gehring hatte schon nach der Bafög-Novelle gewarnt, dass diese Verzögerung dafür sorgen würde, dass etwa 60.000 SchülerInnen und Studierenden wegen zu „reicher“ Eltern kein Bafög beantragen könnten. Seine Befürchtungen wurden sogar übertroffen, heißt es im Alternativen Bafög-Bericht. „In 2015 wurden insgesamt 88.288 Personen weniger gefördert als in 2013.“

Die Bundesregierung wartet nun darauf, dass erste Wirkungen ihrer Bafög-Novelle messbar sind, wie Staatssekretär Thomas Rachel am Mittwoch auf Gehrings Frage antwortete. „Die Verbesserungen aus der Bafög-Novelle werden sich im neuen Bafög-Bericht wiederfinden“, prophezeit er. Das werde aber nicht vor Ende August der Fall sein. Womöglich dauert es also bis nach der Bundestagswahl, bis im Plenum erneut über das Bafög diskutiert wird. So lange wollen die Grünen nicht warten: Am Donnerstag bringen sie einen eigenen Bafög-Antrag in den Bundestag ein. Die Sätze und Freibeträge sollen noch in diesem Jahr erhöht werden und künftig automatisch steigen.

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