BVerfG zu Stiefkindern Unverheirateter: Adoption soll erlaubt sein

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet: Eine Heirat soll künftig nicht mehr Voraussetzung sein, um Kinder des Partners adoptieren zu können.

Kinder im Gegenlicht, eines springt in die Höhe

Yippie, auch unverheiratete Stiefeltern sollen Rechtssicherheit bekommen Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Der Bundestag muss auch in nicht-ehelichen Beziehungen die Stiefkind-Adoption ermöglichen. Das entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. Das derzeitige Verbot, so die Richter, verletze die Rechte der Kinder.

Der Bundestag muss nun bis zum 20. März 2020 eine Neuregelung der Stiefkind-Adoption beschließen. Hier kommt wohl nur in Frage, auch bei nicht-ehelichen Beziehungen eine Stiefkind-Adoption zuzulassen. Bis dahin ist das geltende Verbot nicht mehr anzuwenden. Laufende Verfahren sind auszusetzen.

Konkret ging es um einen Fall aus Nordrhein-Westfalen. Eine Frau hat zwei Kinder im Teenager-Alter, deren Vater starb schon 2006. Seit über zehn Jahren lebt die Frau nun nicht-ehelich mit einem neuen Partner zusammen und hat mit ihm auch ein gemeinsames Kind. Die Frau will nicht heiraten, sonst würde sie ihre Witwenrente verlieren.

Der Freund ist bereit, die beiden älteren Kinder der Frau zu adoptieren, damit diese zwei voll-verantwortliche Elternteile haben. Eine solche Stiefkind-Adoption, bei der die Mutter ihre Mutterschaft behält, ist laut Gesetz aber nur bei Ehepaaren möglich. Die nicht-eheliche Familie klagte dagegen, verlor bisher aber durch alle Instanzen. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) argumentierte 2017, das Paar könne ja heiraten. Gegen dieses BGH-Urteil hatte die nicht-eheliche Familie Verfassungsbeschwerde eingelegt. Mit Erfolg.

Ungerechtfertigte Diskriminierung

Karlsruhe entschied: Die derzeitige Rechtslage diskriminiert Kinder in nicht-ehelichen Stiefkindfamilien gegenüber Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien. Nur Letztere hätten die Chance, nach einer Adoption mit zwei verantwortlichen Elternteilen zusammenzuleben. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt.

Zwar dürfe der Gesetzgeber als Voraussetzung für eine Adoption eine stabil erscheinende Beziehung verlangen. Er dürfe heute aber nicht mehr unterstellen, dass nicht-eheliche Beziehungen typischerweise instabil und kurzlebig sind. Denn nicht-eheliche Beziehungen hätten sich längst „als weitere Familienform neben der ehelichen Familie etabliert“. Auch in solchen Fällen könne „ohne übermäßige Schwierigkeiten“ geprüft werden, ob die Adoption dem Kindeswohl entspricht. Dabei könnten neben der Ehe auch „alternative Stabilitäts-Indikatoren“ berücksichtigt werden, etwa die Dauer der nichtehelichen Beziehung.

Das Justizministerium will den Karlsruher Beschluss nun „sorgfältig prüfen“ und „rechtzeitig“, also vor 2020, einen Gesetzentwurf vorlegen.

Im konkreten Fall hätte der Freund der Mutter nach einer Adoption ein volles Sorgerecht für die beiden Kinder aus der früheren Beziehung der Mutter. Er könnte dann zum Beispiel auch beim Tod der Mutter für die Kinder wichtige Entscheidungen treffen und für sie sorgen.

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