Auswirkungen des Klimawandels: Killerhitze bald ganz normal

Rekordtemperaturen, Dürreperioden, Waldbrände: Europas Süden leidet immer mehr. Schuld ist der Klimawandel, sagen Forscher.

Ein Mann lässt sich in Mailand von einem Brunnen berieseln; im Sommer war es vielerorts oft über 40 Grad heiß Foto: dpa

2017 brachte am Mittelmeer einen Sommer der Rekorde – und eine Warnung: In Italien und auf dem Balkan herrschten von Juni bis August mehrere Tage lang mehr als 40 Grad Celsius, es gab Hitzerekorde in Südfrankreich, Korsika und Kroatien. Vor allem Kinder, Senioren und Kranke litten. Auf dem Balkan, in Italien und Griechenland wüteten Waldbrände, in Portugal starben im Juni mehr als 60 Menschen in den Flammen.

Am schwersten traf die Glühhitze die Landwirtschaft: Bosnien verlor die Hälfte seiner Ernte, Serbien und Italien büßten Milliardenwerte bei Sojabohnen und Trauben ein. Die Temperaturen waren so gefährlich, dass eine Hitzewelle Anfang August den Namen „Luzifer“ bekam.

Die extreme Hitze kam aber nicht vom Teufel, sondern zumindest teilweise vom Menschen. Die Temperaturen passen in die Muster, die zu erwarten sind, wenn die Welt sich schnell erwärmt. Das zeigt eine aktuelle Studie von Forschern aus verschiedenen Instituten, die die Verbindung der Hitzewelle mit dem Klimawandel untersucht hat.

Das Fazit: Gleich ob man nur kurze Perioden, den gesamten Sommer oder einen bestimmten Monat wie den Juni betrachtet: Es gibt „einen positiven Trend in heißen Temperaturextremen“, schreiben die Autoren des internationalen Klimaforscherprojekts „World Weather Attribution“. Sie sehen in den Hitzewellen einen deutlicher Fingerabdruck des Klimawandels.

Aus der Studie

„Mitte des Jahrhunderts wird eine solche Hitze normales Wetter sein“

Eine Hitzewelle wie 2017 „wäre vor einem Jahrhundert sehr selten gewesen, aber sie ist heute mit einer jährlichen Chance von 10 Prozent relativ normal“, heißt es. „Mitte des Jahrhunderts wird eine solche Hitze normales Wetter sein.“ Wie wahrscheinlich diese Hitzewellen sind, hängt für die Forscher direkt mit dem Klimawandel zusammen: Normalerweise wäre die Chance darauf praktisch null, heute mit einer globalen Erwärmung von knapp einem Grad Celsius liegt sie schon bei 12 Prozent.

2017 war bislang global das zweitwärmste Jahr – nach 2016

Es dürfte noch schlimmer kommen: Steigen die globalen Durchschnittstemperaturen auf 1,5 Grad, dann steigt die Chance auf 25 Prozent. Klettert sie auf 2 Grad, was das Pariser Abkommen zum Klimaschutz verhindern soll, steigt die Wahrscheinlichkeit einer solchen Hitze auf 42 Prozent. Für andere Szenarien wurden keine Modelle berechnet – dabei sind wir derzeit auf dem Weg in eine Welt, die mindestens um 3 Grad wärmer sein wird.

„Der Klimawandel hat die Chancen auf einen Sommer wie 2017 gegenüber 1900 mindestens um den Faktor 10 vergrößert“, findet die Studie. Für eine Killerhitze wie „Luzifer“ seien die Chancen immerhin um den Faktor 4 gestiegen. In Portugal, Spanien und den Niederlanden brachte das Jahr den heißesten jemals gemessenen Juni.

Das WWA-Projekt untersucht seit 2014 die Zusammenhänge von Hitzewellen, Dürren, Stürmen oder Extremregen mit dem menschengemachten Klimawandel. Es vereint ForscherInnen der Universitäten Melbourne, Oxford, des niederländischen Wetterdiensts und des Klimazentrums des Internationalen Roten Kreuzes. Für diese Studie haben sie Daten des Sommers 2017 mit fünf Klimamodellen untersucht, wie sie auch der Weltklimarat IPCC rechnet.

Dass die weltweite Erwärmung weitergeht, bestätigen auch aktuelle Zahlen der US-Behörde für Ozeane und Atmosphäre NOAA. Nach ihren Daten war 2017 bislang global das zweitwärmste Jahr, knapp hinter dem Rekordjahr 2016. Die Temperaturen im August lagen weltweit etwa 0,77 Grad Celsius über dem langjährigen Mittelwert. Extreme Wetterlagen hatten auch 2017 Konjunktur: Die Eisbedeckung an Nord- und Südpol lag nahe an einem neuen Minusrekord, in Afrika, Lateinamerika und am Persischen Golf gab es extreme Temperaturen.

Bei der Fahndung nach einem anderen Wetterextrem müssen sich die WWA-Forscher noch gedulden: Sie untersuchten ebenfalls, ob und wie sehr die zerstörerischen Hurrikane dieses Jahres vom Klimawandel beeinflusst waren. Dies werde aber noch dauern, meint Friederike Otto vom Environmental Change Institute der Universität Oxford. „Die Zuordnung von Hurrikanen ist etwas, das bisher nicht gemacht wurde. Es ist ein bisschen weniger voraussehbar als diese Hitzewellen.“

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