Ausstellungsempfehlung für Berlin: Der Club vor der Nacht

Für ihre Serie „WILDSIDEWEST“ fotografierte Anna Lehmann-Brauns queere Clubs in San Francisco im leeren Zustand. Die taz sprach mit der Künstlerin.

Anna Lehmann-Brauns, „Trax“ (Ausschnitt), c-print, 50 x 50 cm, 2016 Foto: © Anna Lehmann-Brauns

Noch sind sie leer. Tragen Namen wie „Oasis“, „Powerhouse“, „Trax“ und „El Rio“: Anna Lehmann-Brauns Fotoserie „WILDSIDEWEST“ im Haus am Kleistpark zeigt queere Clubs in San Francisco – vor der Nacht.

Die Art, auf die Lehmann-Brauns das Licht einfängt, pinke Schimmer an den Wänden, rotes Licht, das durch einen Durchgang fällt, birgt ein Versprechen in sich, das zwischen Fantasie und Desillusionierung hin und her fließt – wie das mit queeren Versprechen eben so ist.

Der Raum, das Interieur, bei Lehmann-Brauns immer ein Ort des Persönlichen und der Persönlichkeiten. Für frühere Arbeiten baute sie Miniaturräume, benannt nach den Personen, denen sie gewidmet sind und die man, ohne sie zu kennen, nun zu kennen glaubte.

Die Ausstellung im Haus am Kleistpark knüpft aber noch an eine ganz andere Tradition an: An die Zelebrierung queerer Clubs in den USA als politische Orte nämlich, die ihren Besucher_innen wie Familienmitglieder zur Seite stehen.

„WILDSIDEWEST“ verbindet sich auf ungeahnte Weise mit dem Film „Wildness“ von Wu Tsang, den die Videokünstler_in 2012 dem Club The Silver Platter in Los Angeles widmete und in dem der Club selbst zur Off-Erzählerin wird, die über ihre Gäste wacht.

Haus am Kleistpark / Projektraum

Di.–So. 11–18 Uhr

Grunewaldstr. 6-7

Blickt man auf Lehmann-Brauns’ für den Moment scheinbar unbelebte Räume, kann man auch ihnen besonders gut lauschen, gerade weil sie zur Ruhe gekommen sind.

Einblick: Anna Lehmann-Brauns, Bildende Künstlerin/Fotografin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Anna Lehmann-Brauns: Am letzten Donnerstag bin ich zur Eröffnung der neuen Ausstellung „Neue Schwarze Romantik“ des Künstlerhauses Bethanien gegangen. Sehr interessant. Gleichzeitig haben die Künstler des internationalen Atelierprogramms ihre Räume geöffnet. Ich bin begeistert von den Arbeiten der Amerikanerin Tracey Snelling. Sie arbeitet multimedial mit Bildhauerei, Fotografie, Video und in Installationen. Für mich sind die Arbeiten poetisch, geheimnisvoll, voyeuristisch und komisch.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Anna Lehmann-Brauns (*1967) lebt und arbeitet in Berlin. Studium der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig. Lehmann-Brauns Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet () und in nationalen und internationalen Ausstellungen präsentiertin der Galerie Grashey, Konstanz, 2016; bei Strümpfe – the supper artclub, Mannheim, 2016; und im Deutschen Architekturmuseum, Frankfurt/a. M., 2015. Ab Februar 2018 zeigt der Kunstverein Konstanz eine Übersicht über ihre Werkreihen. In Berlin arbeitet Anna Lehmann-Brauns mit der Galerie Springer Berlin zusammen. Ihre Ausstellung „Wildsidewest“ läuft noch bis 10. 12. im Haus am Kleistpark.

Mein letztes Konzert habe ich in der Philharmonie gesehen. Unter anderem konnte man dort Stücke der in Berlin lebenden Komponistin Rebecca Saunders hören. Sehr begabt. Sehr modern. Sehr spannend. In Klubs bin ich selten. Für gepflegte Drinks empfehle ich die Viktoriabar. Oldie but Goldie…

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Da ich mich aktuell für die Türkei interessiere, lese ich gerade „Mitternacht im Pera Palace“ über die Geschichte des Aufbruchs Istanbuls in die Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ein wunderbares Buch von Charles King für alle Fans der Supermetropole und ihrer Historie

Was ist dein nächstes Projekt?

Mich interessieren die alten und zerbröckelnden innerstädtischen Siedlungen der Sechziger- und Siebzigerjahre. Um vor Graffiti geschützt zu sein, wurden sie teilweise mit Blumen bemalt. Es ergeben sich lakonische und skurrile Szenerien …

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Morgens mit dem Hund durch den Grunewald laufen, am besten acht Kilometer und mehr.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz.

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