Ausreden von Steuerhinterziehern: Schussel, Opfer und reuige Sünder

Ertappte Prominente haben längst eine eigene Erklärkultur entwickelt, um ihre Steuerhinterziehungen vor sich und der Gesellschaft zu rechtfertigen.

Bei so viel Arbeit kann man schon einmal die Steuern vergessen. Bild: dpa

Wer beim Steuerhinterziehen ertappt wird, hat ein Imageproblem – doch Erklärungen finden sich immer.

Besonders beliebt ist, auf Nachlässigkeit oder Schusseligkeit zu verweisen. Der geistig arbeitende, bücherschreibende Mensch etwa hat Besseres zu tun, als an Steuererklärungen herumzubasteln oder dem Steuerberater nun wirklich auch noch jede hunderttausend Euro an Einnahmen mitzuteilen.

Der frühere Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, Theo Sommer (83), wurde kürzlich zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt und musste Steuern in Höhe von 649.000 Euro nachzahlen. Sommer dazu: „Aus Schusseligkeit oder Schlamperei habe ich es (…) über mehrere Jahre versäumt, eine einzige Einkommensquelle anzugeben. (…) In den wenigen Jahren, um die es hier geht, habe ich fünf Bücher geschrieben. Deren Abfassung hat mich bis spät in die Nacht beschäftigt. (…) Geld und Finanzen standen am Ende meiner Dringlichkeitsskala.“

Auch Klaus Zumwinkel (70), der langjährige Chef der Deutschen Post, hat sich angeblich zu wenig mit seinen Privatfinanzen beschäftigt. Zumwinkel wurde 2009 wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt und musste 3,9 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Er erklärte: „Mit diesen persönlichen Finanzangelegenheiten habe ich mich vielleicht ein bis zwei Mal im Jahr beschäftigt. (…) Im Beruf habe ich mich so verhalten, wie ich es von meinem Vater als ehrbarem Kaufmann gelernt habe.“

Um den Ruf zu retten, kann man sich aber auch als Opfer darstellen. Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer (71) musste kürzlich nach einer Selbstanzeige 200.000 Euro Steuern für Einnahmen auf ein Konto in der Schweiz nachzahlen. Schwarzer dazu: „Ein Wort noch zu meinen Gründen für dieses Konto: Ich habe in Deutschland versteuerte Einnahmen darauf eingezahlt in einer Zeit, in der die Hatz gegen mich solche Ausmaße annahm, dass ich ernsthaft dachte: Vielleicht muss ich ins Ausland gehen (…)“

Haus auf Sylt verkauft

So verfolgt kann sich nicht jeder geben. Aber wer erwischt wird und nachzahlt, muss das auch erst mal aushalten, dieses Opfer. Dazu Sommer: „Ich habe inzwischen die gesamte Steuerschuld abgetragen, und zwar unter Inkaufnahme großer Opfer für meine Altersversorgung und die meiner Frau“. Seine Frau musste das Haus auf Sylt verkaufen.

Um das Image zu retten, sind auf jeden Fall Läuterung und Reue angesagt. FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß (62) muss sich wegen Steuerhinterziehung verantworten. Er soll über ein Konto in der Schweiz insgesamt 3,2 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben.

Hoeneß im Interview: „Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist. (…) Ich denke Tag und Nacht an meinen Fehler und an das, was ich meiner Familie angetan habe.“ Franz Beckenbauer (68) zeigte Verständnis für den Bayern-Präsidenten. Beckenbauer musste in den siebziger Jahren 1,8 Millionen Mark an Steuern nachzahlen – ohne Strafverfahren. Er hat seinen Wohnsitz schon lange in Österreich und genießt die dort niedrigen Steuersätze.

Beckenbauer über Hoeneß: „Ich denke, wir sollten niemanden verurteilen, der mal einen Fehler gemacht hat. Selbst die katholische Kirche gewährt eine zweite Chance.“ Beckenbauer kennt die Tücken des Reichtums und hat früher mal befunden: „Die Steuer – auch mein Problem. Es muss zwar sein, dass man einen Teil seines Einkommens an den Staat abführt. Aber gleich so viel?“ Tja.

(Quellen: dpa, afp, faz-net, Die Zeit)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.