Ausgeliehen von BMW: Mitarbeiter dritter Klasse

Der Autobauer schafft es nicht, wie angekündigt die Zahl seiner Leiharbeiter zu senken. Noch dazu setzt BMW immer mehr auf Werkverträge.

In der Kasse klingeln die Gewinne – auch dank billiger Beschäftigungsmodelle. Bild: ap

MÜNCHEN taz | Eigentlich gilt BMW als guter Arbeitgeber. Der Konzern zahlt seiner Stammbelegschaft ordentliche Löhne und schüttet mitunter Gewinnbeteiligungen im hohen vierstelligen Bereich aus.

Auf einen festen und gut bezahlten Arbeitsplatz hoffte auch Stefan Schneider (Name geändert), als er vor Jahren nach seinem Ingenieurstudium in der Münchner Entwicklungsabteilung des Autobauers anheuerte. Doch sein Traum von beruflicher Sicherheit ging nicht auf. Schneider ist beim Fahrzeugbauer seit Jahren via Werkvertrag bei einer Fremdfirma oder als Leiharbeiter beschäftigt.

Bis Ende 2013 zahlte ihm der Luxuswagenhersteller immerhin zwei Jahre lang als Leiharbeiter dasselbe Grundgehalt wie den Festangestellten. Er bekam jedoch kein Weihnachts- und Urlaubsgeld und musste, anders als ein Großteil des Stammpersonals, oft über 40 statt 35 Stunden arbeiten. „Auch im Umgang der Vorgesetzten spürst du, dass du nicht dabei bist“, sagt Schneider.

Am meisten stört ihn die Unsicherheit. „Du weißt nicht, ob du in ein paar Monaten noch bei BMW arbeitest.“ Schneider sagt, durch die Aussicht auf eine Festanstellung sei er stets zu Höchstleistungen angespornt worden. Als Ende 2013 sein Vertrag auslief, hatte er die Hoffnung, endlich in die Stammbelegschaft aufzurücken. Stattdessen teilte ihm sein Gruppenleiter mit, dass sein Vertrag nicht verlängert werde. Seither arbeitet er per Werkvertrag im Auftrag einer Fremdfirma für BMW. Die Folge: ein deutlich niedrigeres Gehalt.

BMW beschäftigt immer mehr Menschen auf Basis eines Werkvertrags. Laut der Gewerkschaft IG Metall in München stieg die Zahl der ausschließlich für BMW tätigen Mitarbeiter von Fremdfirmen konzernweit von Frühjahr 2012 bis November 2013 von maximal 5.000 auf „deutlich mehr als 10.000“ – obwohl der Konzern zwischenzeitlich deren Reduzierung in Aussicht gestellt hatte.

Allein 15.000 Leiharbeiter sind im Einsatz

Manche Betriebsräte fürchten, der Premiumhersteller könnte künftig noch stärker auf Werkverträge setzen, um die Zahl der Leiharbeiter dauerhaft zu reduzieren und noch mehr Geld zu sparen. 2012 hatte sich BMW verpflichtet, die Leiharbeiterquote von damals rund 15 Prozent bis 2015 an den deutschen Standorten deutlich zu reduzieren. Doch wie die taz berichtete (18. 2.), tut sich BMW damit bislang schwer.

Allein an den vier größten BMW-Standorten, München, Dingolfing, Leipzig und Regensburg (samt Wackersdorf), sind örtlichen Arbeitnehmervertretern zufolge derzeit insgesamt etwa 15.000 Leiharbeiter beschäftigt. Noch im Herbst 2012 hatte die IG Metall die Zahl der bundesweit tätigen BMW-Leiharbeiter mit 11.000 bis 12.000 angegeben. Der BMW-Gesamtbetriebsrat (GBR) verhandelt aktuell mit dem Unternehmen darüber, wie das Ziel einer massiven Absenkung der Leiharbeiterquote noch erreicht werden kann.

Wenn es um Werkvertragler geht, nennt der Fahrzeugbauer keine Zahlen. Doch allein bei BMW Leipzig soll es 1.500 bis 2.000 von ihnen geben. Während ein BMW-Bandarbeiter dort 14 Euro plus Zulagen in der Stunde verdient, bekommen manche Dauerbeschäftigte von Fremdfirmen angeblich weniger als 8 Euro brutto. Das sagte der örtliche Betriebsratschef Ende November. Auch aus Regensburg gab es solche Berichte.

Der GBR erreichte immerhin, dass Fremdfirmen bei neuen, produktionsnahen Werkverträgen seit Mitte 2013 nach dem jeweiligen Branchentarif, etwa dem der Logistikbranche, bezahlen müssen. In alte Verträge könne man aber nicht eingreifen, so ein BMW-Sprecher.

Vom Regen in die Traufe

In der Münchner Entwicklungsabteilung, in der bereits Tausende mit einem Werkvertrag Beschäftigte arbeiten sollen, wurde Leiharbeitern bis Ende 2013 vereinzelt gekündigt. Seit Januar arbeiten auch sie nun als Werkvertragler auf dem BMW-Gelände.

Auch am Regensburger BMW-Standort und in Wackersdorf sind bereits Hunderte Mitarbeiter von Fremdfirmen, etwa aus dem Bereich Logistik, beschäftigt. Bis zu 200 zusätzliche Werkverträge könnten in diesem Jahr in Wackersdorf dazukommen, sagen örtliche Arbeitnehmervertreter. Ein ähnliches Bild in Dingolfing: Dort sollen laut Betriebsrat im laufenden Jahr in der Logistik 700 bis 750 neue Werkvertragsmitarbeiter eingestellt werden.

BMW-Werkvertragler Schneider wünscht sich noch immer, dass ihn der Konzern angesichts der Rekordabsätze endlich in die Stammbelegschaft integriert. „Das wäre auch eine Anerkennung für die jahrelange Leistung.“ So recht daran glauben will er allerdings nicht mehr: „Am Ende zählt nur noch die Rendite.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.