Aufarbeitung des Loveparade-Unglücks: Sauerland im Innenausschuss

Duisburgs OB Sauerland und der Veranstalter Lopaevent wurden im Innenausschuss des NRW-Landtags gehört. Die Auftritte sorgten für Kopfschütteln. Geklärt wurde kaum etwas.

Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland im NRW-Innenausschuss. Bild: dpa

DUISBURG taz | Auch mehr als fünf Wochen danach bleibt weiter umstritten, wer für die Katastrophe auf der Duisburger Loveparade verantwortlich ist. Auf der Sitzung des Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags prallten am Donnerstag die divergierenden Sichtweisen der Polizei, der Stadt Duisburg und des Veranstalters unversöhnlich aufeinander. Sie habe nicht das Gefühl, auf dem Weg zur Klärung von Verantwortlichkeiten sehr weit gekommen zu sein, resümierte die Ausschussvorsitzende Monika Düker (Grüne).

Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) richtete scharfe Angriffe gegen den Veranstalter Lopavent und die Stadt. Es habe vom Veranstalter ein Sicherheitskonzept für den Fall drohender Überfüllung und zur Steuerung des Besucherstroms gegeben, das nicht eingehalten worden sei. "Wir wissen nicht, warum die geplanten und verbindlich zugesagten Maßnahmen auf Seiten der Ordner versagt haben", sagte Jäger. Gleiches gelte für die Kommunikation zwischen den Verantwortlichen der Stadt Duisburg, dem Veranstalter und der Polizei während der Veranstaltung. Jäger räumte ein, dass es wohl auch Fehler von Seiten der Polizei gab. "Wir bemühen uns um Transparenz, dazu gehört auch das Eingestehen von Fehlern." Es sei "unrealistisch", so Jäger, "bei dem unfassbaren Chaos auf Veranstalterseite" einen fehlerfreien Polizeieinsatz zu erwarten.

Trotz Einladung ersparte sich Rainer Schaller, der Geschäftsführer der Lopavent GmbH, einen Auftritt vor dem Ausschuss. Er ließ sich lieber durch Niko Härting vertreten. Das Statement des gutgebräunten und aalglatten Berliner Rechtsanwalts fiel kurz aus. Irgendein Verschulden des Veranstalters räumte er nicht ein. Auf kritische Fragen reagierte er ausweichend. "Lopavent hat die Veranstaltung nicht alleine gemacht und auch nicht alleine vorbereitet", sagte Härting.

Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) sprach von einer "Bürde, die uns gewiss unser Leben lang nicht mehr verlassen wird". Ein Mitverschulden der Stadt an der Tragödie, bei der 21 Menschen ihr Leben verloren und mehr als 500 verletzt wurden, bestritt er allerdings erneut. "Bei allen unseren Planungen stand immer die Sicherheit der Besucher und gleichermaßen der Bevölkerung im Vordergrund", behauptete er. Die Stadt habe gegen keine ihr obliegenden Amtspflichten verstoßen. "Meine Mitarbeiter haben rechtmäßig gehandelt." So seien gesonderte bauliche Prüfungen der Rampe und des Tunnels nicht erforderlich gewesen, "da die Bauaufsicht dort keine Gefahr vermuten musste". Auch sei neben der Polizei eine zusätzliche Gefahrenabwehr durch die Bauaufsicht oder das Ordnungsamt nach den Absprachen "weder vorgesehen noch rechtlich erforderlich" gewesen. Sauerland bekräftigte, "trotz eines enormen, ja fast beispiellosen öffentlichen Drucks" weiter im Amt bleiben zu wollen.

Bei den Abgeordneten sorgten Sauerlands Ausführungen für Kopfschütteln. "Offensichtlich soll vertuscht werden, dass die abschließende Entscheidungskompetenz bei der Stadt als Ordnungsbehörde lag", sagte der Innenpolitische Sprecher der Grünen, Matthi Bolte. "Ich habe das Gefühl, dass das Schwarze-Peter-Spiel weitergeht", kritisierte die Linkspartei-Vertreterin Anna Conrads. Eine „fatale Mischung aus Inkompetenz, Eitelkeit, Großmannssucht und Verantwortungslosigkeit" habe offenkundig zu der Katastrophe geführt, sagte der SPD-Abgeordnete Sören Link. Doch das wollte sich Sauerland nicht vorhalten lassen. "Frau Vorsitzende, muss ich mir das wirklich anhören?", empörte er sich mit weinerlichem Tonfall. Vergeblich. Kühl beschied ihm die Ausschussvorsitzende Düker: „Hier gilt die freie Rede.“

Mehr als sechs Stunden dauerte der Tagesordnungspunkt „Loveparade“. Düker beendete ihn um 21:15 Uhr. „Wir haben Widersprüche, die wir hier nicht aufklären können“, sagte sie zum Abschluss. An verschiedenen Stellen stehe Aussage gegen Aussage. "Wir werden noch viele Fragen stellen müssen", brachte der CDU-Abgeordnete Peter Biesenbach die Stimmung der Sitzungsteilnehmer auf den Punkt. Die Linkspartei fordert jetzt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

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