Auf- oder Verklärung: Und der Ausschuss tagt und tagt

Der Klinik-Ausschuss vernimmt den 2012 gefeuerten Geno-Chef Diethelm Hansen. Der berichtet, dass er alles richtig gemacht habe.

Noch ein unergiebiger Zeuge im Untersuchungsausschuss: Diethelm Hansen. Bild: dpa

BREMEN taz | Gut drei Stunden lang vernahm der Parlamentarische Untersuchungsausschuss „Klinikneubau“ gestern den früheren Bremer Geno-Geschäftsführer Diethelm Hansen, der in den ersten Jahren des Klinikneubaus dessen Bauherr war. „Geschäftsführer des Klinikums Region Hannover“ sei er inzwischen, erklärte Hansen zur Person, ohne anzufügen, dass er auch da mittlerweile – wie in Bremen 2012 – freigestellt wurde. Und wieder über Monate sein Gehalt für Spaziergänge kassiert.

Zweimal ist Hansen somit in den letzten Jahren als Klinik-Manager gefeuert worden, sein Selbstbewusstsein hat sich aber offenbar nur gesteigert: Er jedenfalls habe alles sehr gut gemacht, berichtete er, die Steuerung des Neubaus habe gut funktioniert. Dass es überall dort, wo Menschen arbeiten, auch kleinere Fehler gebe, sei dabei klar.

Union kommt nicht klar

Der Untersuchungsausschuss biss sich an Hansen die Zähne aus – insbesondere die CDU, die den Ausschuss vor knapp einem Jahr gefordert und durchgesetzt hat. Die CDU hatte Hansen immer gestützt gegen Kritik und Unzufriedenheit in der rot-grünen Koalition. Jetzt allzu kritische Fragen zu stellen, wäre wenig glaubwürdig gewesen.

Diethelm Hansen, der frühere Geschäftsführer der "Gesundheit Nord" (Geno), lässt sich durch niemanden aus der Ruhe bringen - außer durch Sozialdemokraten. Der damalige Staatsrat Hermann Schulte-Sasse (parteilos), heute Gesundheitssenator, habe mit ihm "äußerst respektvoll" zusammengearbeitet, lobte Hansen, und sogar kurz vor der Wahl 2011 seinen Vertrag verlängert.

Nach der Bürgerschaftswahl 2011 wurde Renate Jürgens-Pieper Gesundheitssenatorin und Joachim Schuster (beide SPD) ihr Staatsrat. Beide hätten "von Gesundheitspolitik keine Ahnung, keine Berührung mit dem Thema" gehabt, wie Hansen das höflich formulierte. Aber: Sie warfen ihn 2012 raus.

Um das zu illustrieren, erzählte er eine Anekdote: Staatsrat Schuster habe ihn in einem Gespräch über Probleme in den Kliniken gefragt: "Warum stellen Sie nicht einfach mehr Personal ein?" Er, Hansen, habe darauf verwiesen, dass er die politische Vorgabe habe, keine Schulden zu machen und den Neubau mit 230 Millionen Euro über Einnahmen der Kliniken zu finanzieren. Wer solle das Personal bezahlen? "Ist doch egal", habe Schuster geantwortet: "12 oder 13 Milliarden Schulden - das sei doch egal."

Nach der Wahl habe es eine Kehrtwende der Politik gegeben, "Geld wie Heu" stecke der Senat in die Kliniken, wo er sich vorher mit dem Spar-Vorgaben gequält habe. 19 Millionen mehr Sachkosten im Jahre 2013 zeige die Bilanz der Geno, insgesamt 36 Millionen Euro Defizit

Die CDU hatte auch lautstark kritisiert, dass der Senat die Verantwortung für den Neubau nicht einem „Generalunternehmer“ vollkommen überlassen wollte, sondern nur einen „Generalplaner“ einsetzte. Hansen erklärte, darauf angesprochen, dass das ein durchaus übliches Verfahren sei, mit dem man sich mehr Verantwortung aufbürdet, aber auch erheblich Kosten sparen kann.

Die CDU hatte sich der von Baufirmen formulierten Kritik an dem Generalplaner angeschlossen und dessen Entlassung gefordert. Doch Hansen konnte auch da die politischen Wünsche der CDU nicht bedienen. Er berichtete gestern, dass es auch vor 2012 schon erstaunliche Fehlleistungen des Generalplaners gegeben habe.

Doch würde die von der CDU einmal wortradikal geforderte Entlassung des Generalplaners für eine Großbaustelle auf jeden Fall viel Zeit und Geld kosten und man daher dreimal überlegen müsse, ob das Ausmaß der Probleme das wirklich rechtfertige.

Bauprojekte insbesondere von dieser Größenordnung sind immer kompliziert, das haben die 12 Mitglieder des Ausschusses in unzähligen Sitzungen gelernt. Die einen Gutachter sehen ein Thema so, die anderen anders. Unter dem Strich hat der Bremer Klinikbau aber offenbar deutlich weniger Skandal-Potenzial als etwa die Elbphilharmonie oder der Bau des Klinikums Hamburg-Eppendorf.

Vermeintliche Skandale im Kleinen

So bleibt der CDU nichts, als sich auf vermeintliche Skandale im Kleinen zu stürzen. Etwa den Streit mit der Trockenbau-Firma Andreas Männig, die mit Aluminium-Schienen und Rigipsplatten die Räume in dem Betonskelett abteilen soll. Die Pläne des Generalplaner-Büros Ludes seien absolut unbrauchbar gewesen, wiederholte Männig seine Kritik vor dem Ausschuss.

Einzelne Gutachter bestätigen das, andere widersprechen. Diese sächsische Trockenbau-Firma habe auch auf anderen Baustellen die Masche gefahren, mit einem günstigen Angebot den Auftrag zu ergattern um dann mit Verzögerungsstrategien Nachforderungen zu erpressen, sagen andere.

Auch der Generalplaner habe, so berichtete Hansen gestern, den Auftrag nicht aufgrund der fachlichen Punkte in der Ausschreibung erhalten, sondern wegen seiner überraschend geringen Honorar-Forderung – die fast 50 Prozent unter anderen Bietern lag.

Wenigstens für einen „Tatort“-Vorspann geeignet ist eine andere Episode aus dieser Geschichte: Der Trockenbauer Männig hatte berichtet, der juristische Berater des Bremer Klinik-Konzerns habe ihn angerufen und eine Millionen Euro angeboten, wenn er von sich aus „freiwillig“ gehe.

Der Anwalt Volker Parbs bestritt das vor dem Ausschuss vehement – beide waren bereit, ihre Aussage zu beeiden. Ob ein Gericht die Frage aufklären kann, wer hier gelogen hat, ist fraglich – möglicherweise würden nur wieder neue Gutachterkosten produziert.

Der Untersuchungsausschuss, der vor der Bürgerschaftswahl im Mai seine Arbeit beenden soll, kostet, offiziellen Angaben zu Folge, unter dem Strich den Steuerzahler schon planmäßig eine halbe Million Euro.

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