Atompolitik des Iran: Ohne Plan in die Eskalation

Der Atomstreit mit dem Iran spitzt sich zu: Teheran hat seine Urananreicherung massiv erhöht – und droht mit weiteren Schritten.

Zentrifugen in der Atomanlage Natanz, hier im iranischen Fernsehen

Urananreicherung erhöht: Zentrifugen in der Atomanlage Natans, hier im iranischen Fernsehen Foto: dpa

BERLIN taz | Ein weiterer Schritt der Eskalation: Der Iran hat die Produktion von niedrig angereichertem Uran in der Atomanlage Natans um das Vierfache erhöht. Dies sagte der Sprecher der iranischen Atomorganisation Behrus Kamalwandi am Montagabend. Die Entscheidung sei im Nationalen Sicherheitsrat gefallen. Das Wiener Atomabkommen von 2015 schreibt 300 Kilogramm als Obergrenze für niedrig – bis auf 3,67 Prozent – angereichertes Uran vor. Was über die 300 Kilogramm hinausgeht, muss an ein Drittland verkauft werden.

Offenbar fühlt sich der Iran nicht mehr an die Vereinbarung gebunden. Der Nationale Sicherheitsrat hat bereits weitere Schritte angekündigt, sollte es den nach dem US-Ausstieg verbliebenen Vertragspartnern bis Anfang Juli nicht gelingen, ihren Verpflichtungen nachzukommen und die Rechte und Interessen Irans zu sichern. Zu den angedrohten Schritten gehört die Anreicherung von Uran bis auf 20 Prozent, was als wichtiger Schritt auf dem Weg zum Bau einer Atombombe gilt. Eine solche Maßnahme wäre praktisch gleichbedeutend mit der Kündigung des Atomabkommens.

Nach Angaben des iranischen Botschafters in London, Hamid Baidinedschad, will Teheran aber selbst nach ergebnislosem Ablauf der von Teheran ­gesetzten Frist Anfang Juli das Abkommen nicht verlassen. Der Ausstieg sei lediglich eine Option.

Die widersprüchlichen Stellungnahmen lassen vermuten, dass das Land keine klare Strategie verfolgt. Dies liegt einerseits daran, dass die Führung offenbar keinen Ausweg aus der gegenwärtigen Krise sieht. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise und die USA erhöhen den Druck weiter. Die Bemühungen der EU, die US-Sanktionen zu umgehen und mit dem Iran Handel zu treiben, sind ohne Erfolg geblieben. Mit einem Ausstieg aus dem Abkommen würde Teheran die EU vollends verlieren, aber auch ein Festhalten an dem Abkommen würde dem Land wenige Vorteile verschaffen.

Führung uneins

Andererseits liegt die fehlende Strategie auch in der Uneinigkeit der iranischen Führung begründet. In Bezug auf das Atomabkommen bestand diese Uneinigkeit von Anbeginn zwischen verschiedenen Instanzen. Die radikale Geistlichkeit, die Führung der Revolutionsgarden, die Justiz, der mächtige Wächterrat sowie die rechts orientierte Presse waren schon immer gegen das Abkommen. Sie versuchten, der Regierung, die das Abkommen als ihren Erfolg verbuchte, Steine in den Weg zu legen. Selbst Revolutionsführer Ali Chamenei, der bei wichtigen Entscheidungen das letzte Wort hat, hatte die Verhandlungen mit den USA nur nach langem Zögern geduldet. Mittlerweile lehnt er Verhandlungen kategorisch ab.

Diese alten Gegensätze zeigen sich in diesen Tagen, in denen sich die Krise weiter verschärft, wieder deutlich. Chamenei bezeichnete die Amerikaner in der vergangenen Woche als vertrauensunwürdig

Diese alten Gegensätze zeigen sich in diesen Tagen, in denen sich die Krise weiter verschärft, wieder deutlich. Chamenei bezeichnete die Amerikaner in der vergangenen Woche als vertrauensunwürdig. Im Konflikt mit den USA habe Iran „den Weg des Widerstands“ gewählt. Verhandlungen mit der US-Regierung seien „wie ein Gift“.

Ähnlich die Revolutionsgarden, die sich den USA gegenüber kampfbereit zeigten: Ihr Oberkommandierender, Hossein Salami, sagte, der Iran wolle zwar keinen Krieg, fürchte sich aber nicht vor einer militärischen Auseinandersetzung. Die Amerikaner, die Angst vor dem Tod hätten, seien leicht zu besiegen.

Demgegenüber bemüht sich die Regierung zu verhindern, dass alle Fäden nach Washington abreißen. Teheran sei bereit, mit den Amerikanern über einen Gefangenenaustausch zu verhandeln, sagte Außenminister Mohammad Dschawad Sarif am vergangenen Mittwoch in New York.

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