Die Mitfühl-Polizei auf Tour

GESPRÄCHE In den Bayerischen Alpen sind zwei Wohnmobile mit Blaulicht auf dem Dach unterwegs: Die Polizei klärt Bürger über Proteste und Straßensperren auf

„Warum sollten die denn Ihr Haus anzünden?“

OBERKOMMISSAR ROBERT DEMMEL

AUS KLAIS FERDINAND OTTO

„Was ist, wenn die mein Haus anzünden?“ Der Mann in Gummistiefeln und Filzhut ist von seinem Traktor gestiegen. Er ist besorgt. Im Fernsehen hat er gesehen, wie in Frankfurt vor der Europäischen Zentralbank Autos brannten. Ist so etwas auch in den Bayerischen Alpen möglich?

Um solche Fragen zu beantworten, haben Oberkommissar Robert Demmel und seine Kollegin den Info-Bus der bayerischen Polizei hierher gelenkt, vor den Bahnhof von Klais, fünf Kilometer von Schloss Elmau, dem Austragungsort des G-7-Gipfels, entfernt. Geduldig steht Demmel unter der Markise vor dem Eingang des grün-weißen Campers mit zwei Blaulichtern auf dem Dach und hört dem Mann zu.

Zwei solcher Busse sind seit Mitte Mai im Einsatz: Sie touren durch alle Orte, die von den Demos, Polizeieinsätzen und Straßensperren betroffen sein werden und machen halt auf Marktplätzen und vor Bahnhöfen. „Wir müssen jede Gelegenheit nutzen, uns dem Bürger zu erklären“, sagt Demmel.

Während Innenpolitiker und Polizeipräsidenten nicht müde werden, vor gewaltbereiten Demonstranten zu warnen und damit ihr Großaufgebot zu verteidigen, versucht die Polizei vor Ort den Bürgerdialog – „Auf Augenhöhe“, hofft Demmel. Der Info-Bus soll nicht als die Vorhut einer 20.000 Mann starken Polizeikolonne empfunden werden, die gerade in der Alpenidylle einfällt: Für das große Panoramafenster gibt es keine Krawallgitter. Demmel und seine Kollegin tragen Zivil, Jeans und Windjacke. Teilweise werde der Bus regelrecht erwartet und von fragenden Menschen belagert, erzählt Demmel. „Die beschweren sich, sobald wir fünf Minuten zu spät kommen.“

Eine Dame im braunen Trenchcoat rollt mit ihrem Jeep auf den Parkplatz. Sie will wissen, welche Straßen wann gesperrt sind. Der Andrang hält sich an diesem Tag in Grenzen, der Bahnhofplatz bleibt fast leer. Oberkommissar Robert Demmel steigt zurück in den Camper. Hinter der Windschutzscheibe liegt eine DIN-A4-Seite – der Tour-Plan des Busses.

Schon abgehakt ist der Ort Wallgau. Dort stand das Infomobil am Vormittag in der Postkartenidyll-Ortsmitte. Eine Gruppe Rentner wartete an der Haltestelle daneben auf den Linienbus. Schließlich verlor einer von ihnen die Geduld mit seiner Wanderkarte, marschierte auf den Polizeibus zu und fragte nach dem Weg. Demmel nahm es gelassen und half beim Navigieren.

Der Bus ist Teil einer großen Kommunikationskampagne, die neu ist für die „Basta“-Polizei aus Bayern: Auf eigenen Twitter- und Facebook-Accounts gibt die Polizei Ratschläge rund um den Gipfel: „Schutz von Versammlungen ist eine der vielen Aufgaben der #Polizei beim #G7-Gipfel.“ Oder manchmal auch nur: „Ein herzliches ‚Vergelt’s Gott‘ an alle Bürger aus und um #GaPa für die Gastfreundschaft!“ In der heißen Phase werden 20 Beamte im Schichtdienst die Sicht der Polizei posten. Ein Infotelefon ist rund um die Uhr Sorgen-Hotline für die Anwohner, und zwei Bürgerbüros klären besorgte Bürger auf.

Die persönliche Ansprache vor dem Bahnhof wirkt bereits. „Warum sollten die denn Ihr Haus anzünden? Dafür gibt es keinen Anlass“, klärt Demmel ihn auf. „Wenn Leute kommen sollten, die auf Krawall aus sind, dann gehen die doch Richtung Schloss.“ Erleichtert klettert der Bauer wieder auf seinen Traktor und zuckelt davon.