Gats ist Bundestag unheimlich

Abgeordnete haben „schwerwiegende Bedenken“ gegen eine EU-Liste zum Handel mit Dienstleistungen. Angst herrscht vor allem vor ausländischen Billigarbeitern

FRANKFURT taz ■ Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Bundestag schwerwiegende Bedenken gegenüber einem vertraulichen Entwurf geäußert, den das EU-Handelskommissariat als Liberalisierungsvorschlag bei Dienstleistungen im Rahmen der Gats-Verhandlungen (General Agreement on Trade in Services) vorgelegt hat. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde ein Beschluss gefasst, der „schwerwiegende Bedenken“ und „Klärungsbedarf“ gegenüber dem den EU-Mitgliedstaaten im Februar vorgelegten Angebotsvorschlag der EU-Kommission beinhaltet.

In dem Beschluss wird zunächst Kritik an der „zu knappen Frist“ bis zum 18. März geübt, die die EU-Kommission einzelnen Mitgliedsländern für Stellungnahmen setzte. Dies biete den beteiligten Parlamenten „keine angemessenen Möglichkeiten, sich sorgfältig zu informieren, Sachverständige anzuhören und eine der Bedeutung dieser Bereiche angemessene Willensbildung in den zentralen Fragen der Öffnung und Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen zu gewährleisten“.

Die Bedenken beziehen sich auf zehn verschiedene Bereiche. So sehen die Abgeordneten Probleme etwa in der geplanten weitergehenden Öffnung der Dienstleistungsmärkte bei der Wasserversorgung und bei einer klaren Definition der öffentlichen Daseinsvorsorge. Diese sei bedeutsam, „um Streitschlichtungsverfahren bei der Welthandelsorganisation (WTO) zu vermeiden“. Hintergrund: Bereiche, die als „Daseinsvorsorge“ anerkannt werden, dürfen bisher bevorzugt behandelt werden und beispielsweise Subventionen erhalten, ohne dass die Konkurrenz automatisch auch einen Anspruch darauf erhält.

Als problematisch gilt auch das zusätzliche Öffnungsangebot der europäischen Dienstleistungsmärkte für ausländische Arbeitskräfte. Demnach können Arbeitnehmer aus dem Ausland per Werkvertrag oder über die Gründung einer Tochterfirma für eine befristete Zeit in Deutschland arbeiten. Klärungsbedarf sieht der Bundestag auch bei der Frage der Einhaltung international vereinbarter Umweltstandards.

Die SPD-Abgeordnete Ingrid Skarpelis-Sperk wante vor einem „Zwei- oder Dreiklassensystem von Beschäftigten“ durch das Gats: „Wir wollen keine Sklaven aus Entwicklungsländern, die zu unsäglichen Arbeitsbedingungen bei uns arbeiten.“ Die Arbeitsverhältnisse müssten nach deutschem Recht geregelt sein.

ROLF-HENNING HINTZE