Der Föhn

Der 28. Dezember 1978 war ein kühler, windiger Tag im Ostseebad Scharbeutz. Am Abend begann es zu schneien, der Wind wurde zum Sturm. Es schneite die ganze Nacht, der Wind wurde zum Orkan. Die Sicht aus den Fenstern betrug nur wenige Meter, die Schneewehen wuchsen unaufhaltsam. Am nächsten Morgen stand das Thermometer bei 17 Grad – minus, versteht sich. Es stürmte noch immer, Türen und Fenster waren zugeweht, letzter Ausgang war der Balkon im Windschatten des Hauses. Es gab kein Wasser mehr.

Die Hauptleitung an der Wetterseite, in der Wand der Gästetoilette neben der Diele, war eingefroren. Die Toilette beinahe auch schon. Der Rest des Hauses würde bald folgen: kein Wasser, keine Heizung, dann der Wasserrohrbruch.

Meine Mutter schmolz Schnee für den Morgenkaffee, mein Vater und ich stellten im Klo einen alten Heizstrahler auf, stemmten ein Loch in die Wand, dübelten einen Haken ein und hängten den Föhn so daran auf, dass er die Wasserleitung im Loch wärmte. Gegen Mittag gab es wieder fließend Wasser.

Als alles vorbei war ein paar Tage später im nächsten Jahr, verputzte mein Vater ordentlich das Loch und verschloss es mit einem selbst gebastelten Holztürchen. Bei der nächsten Schneekatastrophe braucht man es nur zu öffnen und den Föhn am Haken auf der Innenseite aufzuhängen. SMV