Sparzwang gibt Koalitionären die Richtung vor

Mit ihrem Koalitionsvertrag haben CDU und SPD die Grundlage für ihre Zusammenarbeit im Kölner Rat geschaffen. Kernpunkte in dem vage gehaltenen Text sind Privatisierungen und die Sicherung des kommunalen Wohnungsbaus

KÖLN taz ■ 60 Seiten dick ist der schwarz-rote Koalitionsvertrag „Kommunale Verantwortungsgemeinschaft für Köln“. Das Papier soll für die Leigslaturperiode bis 2009 den Rahmen für die Zusammenarbeit im Rat vorgeben. Zentrales Anliegen der neuen Mehrheit aus CDU und SPD ist die Sanierung des Haushalts, der mit derzeit 600 Millionen Euro Defizit zugleich die Richtung vorgibt: Köln soll weiter sparen. Auf dieses vage Ziel haben sich die Koalitionsspitzen geeinigt. Am Samstag hat die SPD dem Vertrag zugestimmt, am Dienstag soll die CDU folgen.

Der politische Sparstrumpf soll offenbar vor allem durch den Verkauf städtischer Beteiligungen gefüllt werden. Firmen wie die GEW-Tochter Brunata, Netcologne und die Außenwerbung werden klar zur Disposition gestellt. Andere Unternehmen, darunter auch die angeblich „heilige Kuh“ der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GAG, sollen zumindest teilweise veräußert werden. Wichtig sei nur noch, dass die Stadt 50,1 Prozent und damit den entscheidenden Anteil behält.

Einziger richtiger Sparschwerpunkt ist die Verwaltung. Die soll mit 25 Millionen Euro jährlich weniger auskommen. Wie das erreicht werden kann, sagen die Koalitionäre vorerst nicht. Alles solle auf den Prüfstand, heißt es lapidar. Und: Kostenvergleiche mit anderen Kommunen sollen die Schwachstellen Kölns aufdecken.

Ansonsten sind im Vertrag altbekannte Projekte mit ungewissem Ausgang zu finden wie der Ausbau des Godorfer Hafens. Der soll erfolgen, falls der Ausbau wirtschaftlich ist. Auch der Flughafen soll größer werden. Laute Flieger sollen Strafgebühren aufgebrummt bekommen. Die Straßen in der Stadt sollen erhalten, der Verkehrsfluss optimiert werden. Biotechnologie wird ebenso freudig begrüßt wie Modelle, bei denen private Investoren städtische Bauprojekte finanzieren. Windkrafträder werden dagegen abgelehnt.

Das Thema Wohnen liegt Schwarz-Rot offenbar so sehr am Herzen, dass es im Vertrag besonders viel Platz einnimmt. Einfamilienhäuser, private Geschosswohnungen und Mietwohnungen sollen gleichermaßen gefördert werden. Die CDU ist sogar zur Befürworterin von Sozialwohnungen mutiert: Wenn die Stadt Grundstücke für Wohnungsbau verkauft, sollen darauf zu mindestens einem Viertel öffentlich geförderte Räume entstehen. GAG und Grubo sollen sich dabei mehr engagieren.

Das Trauerspiel der städtischen Kulturpolitik wollen CDU und SPD mit einem „Kultur-Entwicklungsplan“ beenden. Der soll gemeinsam mit Bürgern und Künstlern erarbeitet werden. In einem jährlichen Kulturbericht will man die Ergebnisse überprüfen. Und das entsprechende Dezernat soll auch nicht mehr lange verwaist bleiben: Eine Findungskommission soll bald einen Nachfolger der verstorbenen Kulturdezernentin Marie Hüllenkremer benennen. Das Vorschlagrecht haben CDU und SPD hier wie beim neu zu gestaltenden Wirtschaftsdezernat gemeinsam.

Die Besuchsprogramme für Ex-Zwangsarbeiter sollen genauso erhalten bleiben wie eine Stadtbücherei pro Stadtbezirk, der schulpsychologische Dienst und der Mobilitätspass. Die Volkshochschule soll effizienter arbeiten und eventuell in einer „Bildungs-GmbH“ aufgehen.

Die Stadt soll eine Anti-Diskriminierungsrichtlinie für ihre Verwaltung erhalten, und der Bau einer repräsentativen Moschee wird unterstützt. Zur Flüchtlingspolitik schweigen sich die Koalitionäre indes aus.

Bei den Fraktionen der Grünen und der FDP stößt der schwarz-rote Vertrag erwartungsgemäß auf Kritik. Die Grünen bemängeln, dass der geplante Ausbau des Godorfer Hafens eine Subventionsruine zur Folge haben könnte. Die FDP kritisiert die geplante Zweitwohnungssteuer. Beide Oppositionsparteien befürchten zudem die Wiederkehr des schwarz-roten Klüngels. „Nach unserer ersten Einschätzung ist die Koalitionsvereinbarung von Formelkompromissen geprägt“, sagte Grünen-Politiker Jörg Frank. FDP-Fraktionschef Ralph Sterck betonte, es ärgere ihn, dass die neue Legislaturperiode mit Steuererhöhungen beginne: „Das belastet die Bürger. Besser wäre es, über Privatisierungen nachzudenken.“

Abgefunden mit der Großen Koalition hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). „Angesichts der großen Probleme der Stadt ist der Vertrag eine vernünftige Plattform, die aber noch konkretisiert und umgesetzt werden muss“, sagte der Kölner DGB-Vorsitzende Wolfgang Uellenberg-van Dawen.

Frank Überall, Wolfgang Jorzik, Sebastian Sedlmayr