Tsunami-Hilfe mit der Reitpeitsche

Die Spendenmaschine läuft weiter: In ganz Berlin finden Konzerte, Festivals und Reitturniere zugunsten der Flutopfer in Südasien statt. Nicht ganz uneigennützige Werbung der Veranstalter ist dabei leider keine Seltenheit

Der Drang, in diesen Tagen für die Opfer der Flutkatastrophe Spenden zu sammeln, treibt bisweilen skurrile Blüten. Letztes Wochenende etwa trugen Pferdesportler auf der Trabrennbahn Mariendorf den „Großen Preis von Sri Lanka“ und weitere Rennen aus – allesamt nach Ländern benannt, die von der Katastrophe betroffen waren. Spendenbüchsen kreisten, Reiter und Züchter waren aufgerufen, wenigstens einen Teil des Preisgeldes von 500 Euro zu spenden. Einen Großteil der letztlich über 14.000 gesammelten Euro brachte eine im Vorfeld veranstaltete Onlineauktion ein, bei der Devotionalien wie die Reitpeitsche des Trabrennstars Jos Verbeeck versteigert worden waren. „Eine Bietergemeinschaft hat dafür 4.000 Euro bezahlt“, berichtet Rafaela Sansbeck vom Berliner Trabrennverein.

Weniger originell war eine Aktion des Constantin Filmverleihs, der genau 50 Cent von jeder Kinokarte, die während des ersten Wochenendes 2005 für den Sandalenfilm „Alexander“ gelöst würde, an eine Hilfsorganisation zu spenden gelobte. „Die Kosten“, so erklärte Arne Schmidt, Pressesprecher der Kinokette Cinemaxx, „teilen sich Constantin und die an der Aktion beteiligten Ketten Cinemaxx und Cinestar.“

Ein zweischneidiges Schwert: Einerseits kann sich keines der drei Unternehmen ganz dem Vorwurf entziehen, mit verhältnismäßig geringem finanziellem Aufwand auch das eigene Produkt zu promoten. Andererseits sind die bundesweit eingenommenen 35.000 Euro nicht eben ein mickriger Beitrag. Allein die Cinemaxx-Kinos in Berlin hatten laut Schmidt im fraglichen Zeitraum rund 3.000 „Alexander“-Besucher.

Erstaunliche Zurückhaltung legen die am „Berlin Benefiz“ beteiligten Firmen an den Tag, das heute Abend in der Columbiahalle stattfindet. Keines der an der Organisation des Konzerts beteiligten Unternehmen wird auf den Werbeflyern namentlich genannt – und das, obwohl es sich um Konzerne wie RTL, VW oder Columbia und damit durchaus um PR-Profis handelt. Werbung in eigener Sache läuft allenfalls indirekt. Die Popband „Juli“, bei Columbia unter Vertrag, mag vielleicht auf eine Rehabilitierung ihres Hits „Die perfekte Welle“ hoffen, den deutschsprachige Radiosender angesichts der Flutkatastrophe aus ihren Programmen tilgten.

Jörg Nickel von Universal, bei dem die Fäden mehr oder weniger zusammenlaufen, lobt dagegen die Selbstverständlichkeit, mit der etwa die Künstler – neben Juli unter anderem Virginia Jetzt! und Joy Denalane – auf ihre Gagen und die Columbiahalle-Betreiber auf die Mieteinnahmen verzichten. Den stolzen Eintrittspreis von 25 Euro sowie sämtliche Einnahmen aus Getränkeverkauf und Merchandising wollen die Veranstalter, ohne kleinkariert auf Kostendeckung zu achten, direkt an die „Aktion Deutschland hilft“ weiterleiten.

Berliner Partygänger können sich in den nächsten Wochen noch auf einige weitere Ereignisse mit Charity-Charakter gefasst machen. Am kommenden Samstag organisiert Radio Multikulti ein Festival mit Künstlern aus der von der Flut betroffenen Region im Haus der Kulturen der Welt, am Donnerstag zieht das SO 36 mit einer Kanakwood-Veranstaltung nach. Bereits am 12. und 13. Januar liefen zwei Festival-Nächte im Club Sternradio, die ebenfalls 3.000 Euro einbrachten. DANIEL KASTNER