die taz vor 18 Jahren über ronald reagans niedergang in seiner zweiten amtszeit
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Nur sieben Jahre nach Beginn der Reagan-Revolution stehen die konservativen Erneuerer der USA vor einem Scherbenhaufen gewaltigen Ausmaßes. Ronald Reagans Wirtschaftspolitik versinkt in einem riesigen Schuldenmeer.

Die angesehensten Adressen der Wallstreet sind nach dem Bekanntwerden illegaler Börsengeschäfte in Verruf geraten; die religiöse Rechte hat einen Teil ihrer Autorität eingebüßt, nachdem sich herausstellte, daß die selbsternannten Hüter der Moral fremdgehen und Kirchengelder verprassen.

Die Chancen der Republikanischen Partei, den nächsten Präsidenten zu stellen und so Reagans Revolution fortzuführen, drohen im Strudel der Irangate-Affäre zu verschwinden; die Koalition der Rechten, die mit Reagan an der Spitze die amerikanische Politik nachhaltig veränderte, fällt mangels Integrationsfigur auseinander.

Reagan ist depressiv und nach Aussage enger Mitarbeiter nicht mehr in der Lage, die Regierungsgeschäfte der Weltmacht zu lenken. Daß es „der Präsident akzeptiert zu haben scheint, keine Rolle mehr zu spielen“, macht den Führer der demokratischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus, Thomas Foley, betroffen.

Doch noch sind es 18 Monate, bis Reagan das Präsidentenamt an seinen Nachfolger übergeben wird – zu kurz für ein aufwendiges Impeachement-Verfahren, mit dem der Präsident vorzeitig gezwungen werden könnte abzudanken, zu lange, um die schwierige Phase einfach auszusitzen. Deshalb bemühen sich Republikaner und Demokraten im Kongreß gemeinsam und an Reagan vorbei um neue Richtlinien für die Außen-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Ob die „Post-Reagan-Agenda“ eine Rückkehr zu mehr staatsinterventionistischer Politik einleiten soll, ist noch unklar. Einmütig propagieren die demokratischen Kandidaten allerdings mehr und bessere Schulbildung, Unterstützung der Armen und Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Michael Fischer, 2. 7. 1987