Wohnen in Hamburg: Acht Euro Miete sind drin

Die Stadtentwicklungsbehörde präsentiert in Neugraben ein Modellprojekt, das zeigen soll, wie ein Wohnungsbau für Normalverdiener aussehen könnte.

Häuser mit Holzfassaden und Flachdächern.

Zu drei Vierteln aus Holz: Projekt Vogelkamp Foto: IBA

HAMBURG taz | In Neugraben hat der Senat einen weiteren Versuch gestartet, Wohnungen auf den Markt zu bringen, die sich Normalverdiener leisten können. Im Quartier Vogelkamp, in dem am Mittwoch eine Musterwohnung zu besichtigen war, wird die Kaltmiete maximal acht Euro pro Quadratmeter betragen. „Hamburgs Bürger benötigen Wohnraum außerhalb des öffentlich geförderten Wohnungsbaus, der mit einem durchschnittlichen Gehalt bezahlbar ist“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD).

Der Senat versucht seit Jahren gegen die Wohnungsknappheit anzubauen, indem er sich das Ziel gesetzt hat, jährlich 10.000 neue Wohnungen zu genehmigen. Um die Mieten zu dämpfen, schreibt er dort, wo er Einfluss hat, einen Anteil von 30 Prozent Sozialwohnungen vor. Die Preise bei Neuvermietungen hat das jedoch kaum gedämpft, weshalb Rot-Grün ein Pilotprojekt für den Acht-Euro-Wohnungsbau angestoßen hat. Dafür erarbeitete die IBA Hamburg zusammen mit Stapelfeldts Behörde eine Ausschreibung, die ebenso kostengünstiges wie funktionales Bauen gewährleisten soll.

In Neugraben erhielt die Schweizerische Versicherungsgesellschaft Helvetia mit ihrem Architekten Heiner Limbrock vom Büro Limbrock-Tubbesing den Zuschlag. Um den Kostenrahmen zu wahren, entschied sich Limbrock für Holz als Baumaterial. Die Gebäude bestehen zu 75 Prozent aus Holz. Durch Materialoptimierung wie die Vorfertigung der Nadelholzwände konnte das Bauen beschleunigt werden. „Holzbau an sich ist zwar nicht günstiger, das Material kostet gleich viel“, sagt Limbrock. „Die Schnelligkeit des Bauens macht aber den entscheidenden Unterschied.“

Zudem haben er und seine Mitarbeiter die Bautiefe vergrößert, was die Außenfassade reduzierte und Kosten sparte. Das Licht schient durch bodentiefe Fenster. Limbrock verzichtete auf Flure. Dafür gibt es offene und großzügig geschnittene Wohn- und Essbereiche.

Auf einer Fläche von 70 ha entstehen in vier Bauabschnitten insgesamt ca. 1.500 Wohneinheiten.

Fünfzig Prozent der Einheiten sind Mehrfamilienhäuser. Die andere Hälfte ist ein familienfreundlicher Mix aus Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern.

Als Ausgleich für die fehlenden Kellerräume hat jede der halboffenen Küchen einen separaten Hauswirtschaftsraum, der als Lagerraum dient. Gespart werden konnte außerdem durch preisgünstigere Alternativprodukte etwa bei den Türgriffen.

Die drei Schlafzimmer, die direkt vom Wohnbereich abgehen, sind nahezu alle gleich groß. „Wir haben sie so konzipiert, dass theoretisch in jedem der Schlafzimmer Platz für zwei ist, das heißt, bis zu sechs Personen in einer Wohnung leben können“, sagt Limbrock. Ziel sei, unterschiedliche Wohnformen zu ermöglichen, damit ein gemischtes und lebendiges Quartier entstehe, wie Karen Pein, Geschäftsführerin der IBA Hamburg, sagt.

Das städtische Wohnungsunternehmen Saga hat bereits im vergangenen Jahr vier sogenannte Systemhäuser mit knapp 150 Wohnungen gebaut, die Mieten von 6,50 bis acht Euro pro Quadratmeter ermöglichten. „Wir hoffen auf den Vergleich unserer Erfahrungswerte mit denen der Saga“, sagte Stapelfeldt. In Neugraben sei zu erkennen, dass ein frei finanzierter Acht-Euro-Wohnungsbau möglich ist. Jetzt gelte es, diesen weiterzuentwickeln.

Bei den Neugrabener Wohnungen garantiert die IBA, dass die Mieten in den ersten fünf Jahren nicht angehoben werden. Was nach den fünf Jahren an Miete zu bezahlen ist, darauf hat Peter Lewalter, Geschäftsführer von Helvetia, noch keine Antwort. „Aufgrund des positiven Verlaufs planen wir aber weitere Projekte im Bereich kostengünstiges Wohnen“, sagt er. Auch die Stadt plant weitere Acht-Euro-Projekte, um ein durchmischtes Wohnungsangebot in allen Stadtteilen zu gewährleisten.

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