Kampagne im Brexit-Wahlkampf: Boris Johnson muss vor Gericht

Bald könnte er Premierminister werden. Doch zunächst muss sich der Wortführer der Brexit-Kampagne wegen Amtsmissbrauch verantworten.

Boris Johnson steht vor einem Bus

Boris vor seinem Bus (zusammen mit seiner Mitstreiterin, der Ex-Labour-Abgeordneten Gisela Stuart Foto: reuters

Ist es ein strafbarer Amtsmissbrauch, im Wahlkampf etwas zu sagen, was der Gegner für eine Lüge hält? Durchaus möglich, findet die britische Bezirksrichterin Margot Coleman und hat am Mittwoch eine Privatklage gegen Boris Johnson für zulässig erklärt. Ausgerechnet in einer Zeit, wo Johnson als klarer Favorit ins Rennen um die Nachfolge von Theresa May als Premierminister geht, steht ihm nun eine Vorladung vor das Bezirksgericht Westminster bevor.

Die Anzeige gegen Boris Johnson wirft dem einstigen Wortführer der Brexit-Kampagne „wiederholte Lügen und Irreführungen der britischen Öffentlichkeit über die Kosten der EU-Mitgliedschaft“ vor. Gemeint ist die Parole der „Vote-Leave2-Kampagne im Referendumswahlkampf 2016, wonach Großbritannien der EU jede Woche 350 Millionen britische Pfund schickt – Geld, das man lieber ins eigene Gesundheitswesen stecken sollte. Schon damals merkten Kritiker an, dass diese Summe eine Aufrundung des britischen Bruttobeitrags an die EU ist, von dem mindestens der britische Beitragsrabatt abzuziehen wäre.

Da Boris Johnson damals Parlamentsabgeordneter sowie Londoner Oberbürgermeister war, so die Anzeige, stelle die wissentliche Verbreitung dieser falschen Zahl Amtsmissbrauch dar. Dieser liegt vor, wenn ein Amtsinhaber absichtlich sein Amt in einer Weise ausübt, die grundlos das Vertrauen der Öffentlichkeit beschädigt.

Bei der Zulassung dieser Klage betonte die Richterin, sie treffe keine Feststellung in der Sache, sondern sie finde lediglich, dass dies vor Gericht zu klären sei. Ihre Urteilsschrift enthält jedoch fragwürdige subjektive Feststellungen. So weist sie das Argument von Johnsons Anwälten zurück, wonach die Klage als politisch motivierter Rechtsmissbrauch abzuweisen sei. Möglicherweise habe der Kläger anfangs aus politischen Gründen gehandelt, dies sei aber heute „nicht mehr relevant“.

Vorwürfe gegen den Kläger

Der Kläger, Marcus Ball, ist ein 29-Jähriger, der auf seiner Webseite beteuert, ihm gehe es allein um den Kampf gegen Lügen in der Politik. Aber er soll auch gesagt haben, dass er als Nächstes eine Klage gegen den Brexit insgesamt vorbereite. Dass Ball ambitioniert ist, zeigt sich daran, dass er für sein Vorhaben eine Firma „Brexit Justice“ gegründet hat, die per Crowdfunding mehrere hunderttausend Pfund gesammelt hat. Diese soll er laut Medienberichten zum Teil privat ausgegeben haben.

Der Richterspruch ist auf breite Kritik gestoßen. Führende Brexiteers im Parlament fordern jetzt, ebenfalls verklagt zu werden. Und Linksaußenpolitiker George Galloway will nach dem gleichen Muster eine Klage gegen Tony Blair wegen Lügen vor dem Irakkrieg anstreben.

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