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: Sind die Deutschen an allem schuld?

Sind die Deutschen an allem schuld? Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) diskutiert mit taz-Redakteurin Ulrike Herrmann. Zu verfolgen ab 19 Uhr per Livestream, www.taz.de/facebook

Von Stefan Reinecke

Die SPD hat bei der Europawahl eine schlimme Niederlage erlitten. Die Grünen sind nicht nur in Hamburg an den Sozialdemokraten vorbeigezogen. Der 26. Mai 2019 war die erste nationale Wahl überhaupt, bei der die SPD nur auf Platz drei landete. Bei den Jüngeren sieht die Lage für die SPD besonders finster aus.

Welche Konsequenzen ziehen die Sozialdemokraten daraus? In der Großen Koalition weitermachen und hoffen, dass sich die Regierungspolitik später auch bei Wahlen auszahlt? Oder muss sie sich ganz neu aufstellen und vielleicht radikaler werden? Anscheinend hat die Partei den Kontakt zu Jüngeren verloren und die Energie von „Fridays for future“ unterschätzt. Muss sich die SPD nun schleunigst inhaltlich neu positionieren?

Vizekanzler Olaf Scholz ist nicht nur einer der wichtigsten Köpfe der Sozialdemokratie. Er ist als deutscher Finanzminister auch einer der Schlüsselfiguren in der EU, die seit dem 26. Mai mehr denn je unter Beschuss der Rechtspopulisten steht. In zwei Kernländern der Europäischen Union sind die Rechtspopulisten zur stärksten Partei geworden: in Frankreich und Italien.

Was vor ein paar Jahren kaum vorstellbar war, ist nun Tatsache: Die „Lega“ von Matteo Salvini und das „Rassemblement National“ von Marine Le Pen sind stärker geworden als Sozialdemokraten und Sozialliberale. Und die Rechtspopulisten haben eine klare Agenda. Sie wollen das europäische Parlament zerstören und die EU rückabwickeln. Dieser Alptraum ist kein fernes Szenario mehr. Es rückt, vor allem falls Salvini Ministerpräsident in Italien werden sollte, gefährlich nahe.

Manche meinen, dass Deutschland mit seinen nach wie vor riesigen Exportüberschüssen mitschuldig an der wirtschaftlichen Malaise im Süden ist. Und damit auch an dem Aufstieg der Rechtspopulisten in Frankreich und Italien, die mit Affekten gegen Deutschland arbeiten und davon profitieren.

In der mannigfach und dicht vernetzten EU gibt es mittlerweile so etwas wie eine europäische Innenpolitik. Was die Bundesrepublik tut, hat Folgen in der EU. Wäre es da nicht Aufgabe der Bundesrepublik, gerade angesichts der Rezession, die sich am Horizont abzeichnet, mehr zu investieren – für Europa?