Kolumne Sternenflimmern: Ein Schichtsalat lässt träumen

Game of Thrones, Regierungskrise in Österreich und Eurovision Song Contest: Dieses Wochenende gab es Europa für alle.

Eine Möhre, ein Maiskolben und eine Gurke liegen untereinander

Europa ist mehr Schichtsalat als Ratatouille, ein verbindendes Element gibt es dennoch Foto: Charles/Unsplash

Willkommen zurück in der Montagsrealität. Wobei, irgendwie auch nicht. Ich meine – hallo?! Was war denn das für ein Wochenende? Ich habe nur ein kleines Soli-Gösser getrunken und trotzdem brummt mein Kopf wie nach einer durchzechten Nacht.

So viel Drama, so viel Pyro, so viele krasse Plot-Twists. Und weil man sehr wohl alles haben kann, kriegen Sie jetzt Ibiza-Affäre, Eurovision Song Contest und „Game of Thrones“ zusammen.

Dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als korrumpierbar enttarnt wurde und deshalb sein Amt als Vizekanzler und FPÖ-Parteiobmann niederlegen musste, haben wir der unabhängigen Presse zu verdanken, aber auch der sonst so verteufelten Videotechnik. Niemand muss sich wundern, dass es Rechtspopulisten mit Gesetzen nicht so genau nehmen. Und natürlich hat sich mit Neuwahlen nicht das politische Problem Österreichs erledigt – noch ist Sebastian Kurz Kanzler. Aber da geht rechts was unter, vielleicht nicht nur in Österreich.

Das Zitat des Abends beim ESC-Finale hatte auch mit Geld zu tun. Nachdem die Kandidat:innen winkend aus einer Flugzeugkulisse herauskletterten, erklärte Peter Urban traditionell die Regeln. Wichtig: „Sie dürfen nicht für Deutschland abstimmen, das wäre rausgeschmissenes Geld.“ Seitdem habe ich kein abfälliges Wort mehr für den ESC übrig, obwohl ich wie jedes Jahr nach drei Songs auf stumm schalten muss.

Der ESC hat musikalisch nichts zu bieten, aber die Party ist ehrlich und die Regeln sind geil. Gewinnen lässt sich nur durch die Gunst der anderen. Das ist schön und aufregend, weil Sympathien beim ESC nicht nur mit politischer oder kultureller Nähe zusammenhängen. Keiner ist gut und trotzdem gewinnt jemand. Wie bei „Game of Thrones“.

Keine Angst, keine Spoiler, ich habe das Serienfinale noch gar nicht gesehen. Trotzdem kann ich behaupten, dass es dramatisch war und mindestens so aufregend wie Strache-Skandal und ESC zusammen. Spannung beruht ja darauf, dass man nicht weiß, was passiert. Ich tippe auf viele Tote und eine letzte Szene, in der Tyrion saufend auf dem Eisernen Thron sitzt und Arya schmunzelnd davonschreitet, im Sinne von keine Macht für niemand.

Dieses Wochenende gab es Europa für alle. Und obwohl das mehr Schichtsalat als Ratatouille ist: Das verbindende Element mag das Prinzip der Möglichkeit sein. Brillante Recherchen können Rechtspopulisten und deren Kollaborateure entmachten. Wettbewerb kann auch ohne Nationalismus funktionieren. Und am Ende könnte vielleicht sogar niemand den Thron besteigen wollen. Um es mit dem ESC zu sagen: Dare to dream.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Lin Hierse ist Redakteurin der wochentaz und Schriftstellerin. Ihr erster Roman 'Wovon wir träumen' erschien 2022 bei Piper. Zuletzt wurden ihre Kurzgeschichten in Das Wetter Buch für Text und Musik und Delfi Zeitschrift für Neue Literatur veröffentlicht.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.