Andreas Speit
Der rechte Rand
: Warum der Kontakt zu Burschenschaften für die AfD ein Problem ist

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In der Bundesrepublik ist nicht jede Burschenschaft gleich ein rechtsextremer Lebensbund – vom aktiven Studenten bis zum Alten Herren. Rechtsextreme Burschenschaften nutzen dieses ambivalente Milieu von Männerbündelei, Elitedenken, Sexismus und Genderängsten, um sich als vermeintlich moderat zu inszenieren. Der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern hat nun angekündigt, die Burschenschaften im Nordosten zu beobachten. Diese Ankündigung dürfte die AfD in dem Bundesland verunsichern. Führende Abgeordnete der Partei sind Mitglieder verschiedener Studentenverbindungen.

Der Anstoß zu der Beobachtung kam durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Im „Gutachten zu tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ in der AfD und ihren Teilorganisationen führt das Bundesamt die Greifswalder Burschenschaft „Rugia“ als eine der „Burschenschaften mit rechtsextremistischen Bezügen“ an. Die Burschenhaft hat Verbindungen zur NPD, zur Landsmannschaft Ostpreußen und zum Holocaustleugner-Milieu. Im Gutachten wird auch aufgegriffen, was lange bekannt war: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Enrico Komning aus Mecklenburg-Vorpommern ist Mitglied der Rugia – seit 1991.

In sozialen Netzwerken schwärmt die schlagende Verbindung von einer „wehrhaften“ und „heimattreuen“ Gemeinschaft. Ihrer „Helden“, den gefallenen Soldaten, gedenkt sie mit Fackelinszenierungen. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion im Schweriner Schloss, Ralph Weber, trat bei der Burschenschaft auf.

Ein neues Beobachtungsobjekt des Landesverfassungsschutzes ist auch die Greifswalder Burschenschaft „Markommania Aachen“, die mit der Rugia bestens verbunden ist. Man kennt sich, man besucht sich. Im Februar dieses Jahres folgten die Verbandsbrüder der Rugia einer Einladung der Markommania zu einem Vortragsabend. Gastredner war der führende Kader der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner. Dieser Burschenschaft gehört der AfD-Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer nach eigenen Angaben an.

Im Januar dieses Jahres waren Komning und Kramer zudem Gäste beim Wiener Akademikerball, dem jährlichen Treffen der extrem rechten Burschenschaftsszene.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Mit der Beobachtung strebt der Verfassungsschutz jetzt eine „Sachverhaltensaufklärung“ an. Dieser Ansatz ermöglicht auch nachrichtendienstliche Methoden. In Hamburg berichtet der Verfassungsschutz – nach Jahren der Nichterwähnung – seit Längerem schon über rechtsextreme Burschenschaften in seinen Jahresberichten. In Mecklenburg-Vorpommern überprüft der Verfassungsschutz nun auch, ob die Öffentlichkeit informiert werden soll.