Themenabend zur rechten Szene auf Arte: Alt-Right mal zwei

Arte macht einen Themenabend zu rechtsextremistischen Netzwerken in den USA. Doch ein Film ist so stark gekürzt, dass er nicht funktioniert.

Menschen auf der Straße prügeln sich

Alt-Right- Demonstranten bei einem Straßenkampf in Charlottesville Foto: Gunpowder & Sky/ZDF

Dokumentarfilmer beklagen sich in regelmäßigen Abständen – und berechtigterweise – darüber, dass ihr Genre im ­öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht genug repräsentiert ist. Zu den weniger bekannten Kröten, die sie schlucken müssen, gehört die Kürzung von Filmen. So kommt es oft vor, dass Arte Dokumentarfilme, die im Kino in einer 90-minütigen Fassung gelaufen sind, auf 52 Minuten kürzt, damit sie ins Programmschema passen.

Man kann natürlich die Position vertreten, dass es immer noch besser ist, wenn ein Film in einer gekürzten Fassung zu sehen ist, als wenn das TV-Publikum ihn gar nicht zu Gesicht bekommt. Ob es allerdings im Sinne des Zuschauers (und des Regisseurs) ist, dass ein Film auf die Hälfte eingedampft wird, ist eine andere Frage.

Die stellt sich nun bei Adam Bhala Loughs Film „Rassenkrieg in den USA? Die Ziele der Alt-Right“, den Arte am Dienstag zum Auftakt eines zweiteiligen Schwerpunkts über rechtsextremistische Netzwerke zeigt. Auch er muss in der für den Sender üblichen 52-Minuten-Version laufen – obwohl er im Original 104 Minuten lang ist. Die BBC, die den Film Anfang dieses Jahres zeigte, hat das mit einer 90-Minuten-Fassung übrigens besser gelöst.

Im Kern ist „Rassenkrieg in den USA?“ ein Doppelporträt des amerikanischen Neonazis Richard Spencer – er erfand die verharmlosende Wortschöpfung Alt-Right – und des Antifa-Aktivisten Daryle Lamont. Zu Wort kommen außerdem Jared Taylor, ein Protagonist der rechtsextremen Szene, der weniger auf Krawall gebürstet ist als der im Alltag mit „Sieg Heil“-Grüßen auftretende Spencer, und der Rechtsextremismus-Experte Mark Potok.

Eine trauriger Höhepunkt

Die Arte-Fassung besteht im Wesentlichen aus aneinandergeschnittenen Äußerungen der Gesprächspartner. Aufgrund der Kürzungen wirkt diese Version eher wie ein Steinbruch von Informationen und Impressionen, als Film funktioniert „Rassenkrieg in den USA?“ aber nicht. Inhaltlich hervorhebenswert: Um die historischen Bezüge der gegenwärtigen Entwicklung herauszustellen, steigt Lough mit einem Ausschnitt aus einer Rede des deutsch-amerikanischen Nationalsozialisten Fritz Julius Kuhn ein, die dieser 1939 im New Yorker Madison Square Garden hielt.

Die Arte-Fassung besteht im Wesentlichen aus Äußerungen der Gesprächspartner

„Wir fordern, dass unsere Regierung an das amerikanische Volk zurückgegeben wird“, sagt Kuhn dort. Eine Formulierung, die in ähnlicher Form ja heute zum Standardrepertoire von Rechtextremisten weltweit gehört.

Der traurige dramaturgische Höhepunkt von Loughs Film ist die „Unite the Right“-Demonstration im August 2017 in Charlottesville, bei der ein von Spencer und Co. aufgestachelter Terrorist mit einem Auto in eine Gegendemonstration fährt. Teilweise ähnliche Bilder aus Charlottesville sind zu sehen in der anschließend bei Arte laufenden Dokumentation „Undercover bei den Neuen Rechten. Mein Jahr in der Alt-Right“.

Ein Film mit Folge

Ausgangspunkt dieses Films: Der schwedische Student Patrik Hermansson wollte 2016 im Auftrag der britischen Organisation „Hope Not Hate“ herausfinden, wer die Hintermänner des „London Forums“ sind, einer klandestin organisierten Konferenz der internationalen Neuen Rechten. Unter dem Tarnnamen Erik Hellberg filmte er ein Jahr lang mit versteckter Kamera im Umfeld des „Forums“ – auch bei US-amerikanischen Gesinnungsgenossen.

Hermansson gerät in Ex­tremsituationen unterschiedlichster Art. So soll er bei einem Ableger des „London Forums“ in Seattle die Eröffnungsrede halten. Der von Bosse Lindquist gedrehte Film macht deutlich: Hermanssons Arbeit war in mehrerer Sicht erfolgreich. Seitdem „Hope Not Hate“ und Hermansson ihre Recherchen veröffentlicht haben, findet das London Forum nicht mehr statt.

Außerdem hat der von Hermansson interviewte US-Rechtsextremist Jason Reza Jorjani, der in dem Gespräch von der Notwendigkeit eines Atomkriegs gegen Pakistan schwadroniert hatte, seinen Uni-Job verloren. Am Ende kündigt Joe Mulhall, der Chef-Rechercheur von „Hope Not Hate“, weitere solche „Schläge“ gegen das Alt-Right-Milieu an.

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