Assange in Ecuadors Botschaft festgenommen

Nach sieben Jahren entzieht Ecuadors Regierung Wikileaks-Gründer Julian Assange das Asyl und lässt ihn festnehmen. Bei Auslieferung in die USA drohen ihm fünf Jahre Haft

Assange nach seiner Festnahme am Donnerstag Foto: Hannah McKay, reuters

Von Bernd Pickert

Nun sitzt er doch in britischem Gewahrsam. Julian Assange, 47, Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, wurde am Donnerstag von britischen Polizisten in den Räumen der ecuadorianischen Botschaft in London festgenommen. Vorausgegangen war die Entscheidung der ecuadorianischen Regierung, Assange das Asyl zu entziehen und der Polizei den Zutritt zur Botschaft zu gestatten.

War Assange ursprünglich gesucht worden, weil er sich in Schweden mit mehreren Vorwürfen sexueller Belästigung konfrontiert sah, liegt Großbritannien jetzt doch ein Auslieferungsgesuch für Assange aus den USA vor. Das gaben die britischen Behörden kurz nach der Festnahme bekannt. Stunden später präzisierte das US-Justizministerium: In den USA soll Assange wegen Verschwörung mit der Whistleblowerin Chelsea Manning angeklagt werden. Er werde beschuldigt, Manning dabei geholfen zu haben, ein Passwort eines Computernetzwerks der Regierung zu knacken, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Justizministeriums. Chelsea Manning, damals noch Brad Manning, hatte Wikileaks 2010 Tausende von Daten aus US-Regierungscomputern zukommen lassen – unter anderem Informationen über US-Kriegsverbrechen in Irak und Afghanistan und Tausende diplomatische Depeschen zwischen Außenministerium und Botschaften. Manning war dafür zu 35 Jahren Haft verurteilt, Ende 2016 aber von Präsident Barack Obama begnadigt worden.

In den USA sähe sich Assange entgegen anders lautender Befürchtungen offenbar nicht dem Vorwurf der Spionage ausgesetzt. Würde er wegen der Hilfe bei einem einzigen Hack angeklagt, drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft. Das wären zwei Jahre weniger, als er jetzt in der Botschaft festsaß.

Dass in den USA in aller Stille eine Klage und ein Auslieferungsgesuch vorbereitet wurden, war im November vergangenen Jahres versehentlich bekannt geworden. Nachdem die schwedischen Behörden ihre Ermittlungen gegen Assange schon 2017 eingestellt hatten, wurde Assange offiziell nur noch wegen der Verletzung seiner Kautionsbestimmungen gesucht. Nach einer ersten Festnahme in London 2010 hatte er sich gegen Kaution auf freiem Fuß bewegen können, musste sich aber zur Verfügung halten. Dem entzog er sich 2012 durch die Flucht in die ecuadorianische Botschaft. Bereits am Donnerstag, nur Stunden nach seiner Festnahme, von einem britischen Gericht für schuldig befunden, seine Kautionsauflagen verletzt zu haben. Dafür drohen ihm in Großbritannien nun bis zu 12 Monate Haft.

Ecuadors Präsident Lenín Moreno begründete am Donnerstag in einer Video-Stellungnahme, warum Ecuador nicht länger bereit sei, Assange Asyl zu gewähren. Permanent habe Assange gegen die Auflagen seines Asyls verstoßen, insbesondere gegen das Verbot, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Tatsächlich hatte sich Assanges Position allerdings verschlechtert, als Moreno im April 2017 die Nachfolge von Rafael ­Correa angetreten hatte. Correa hatte Assange seinerzeit persönlich das diplomatische Asyl angedeihen lassen.

Assange habe wiederholt gegen Auflagen des Asyls verstoßen, sagt Ecuadors Präsident

Im Dezember 2017 wurde Assange offiziell die ecuadorianische Staatsbürgerschaft zuerkannt. Der Idee allerdings, ihn dann mit diplomatischer Immunität auszustatten und unbehelligt aus Großbritannien herausbringen zu können, setzten die britischen Behörden sofort ein Ende: Wenn er die Botschaft verlasse, werde er festgenommen, erklärten sie kurz.

In den USA hatte Assange zuletzt 2016 eine wichtige Rolle gespielt, als Wikileaks mitten im US-Wahlkampf mehrere Serien von gehackten E-Mails des demokratischen Parteiapparats veröffentlichte. Ob die Daten von russischen Stellen kamen – wie alle US-Geheimdienste behaupten und was Assange bestreitet – und welche Rolle Donald Trumps Team dabei spielte, war Gegenstand der mehrjährigen Untersuchung des US-Sonderermittlers Robert Mueller, die vor wenigen Wochen abgeschlossen wurde.

Dass Wikileaks Donald Trump mit zum Wahlsieg verhalf, steht außer Frage. Assange polemisierte 2016 gnadenlos gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton – eine persönliche Fehde. Clinton hatte als Außenministerin 2010 verärgert im kleinen Kreis gesagt, man solle Assange am besten per Drohne beseitigen. Ein Scherz, den er ihr ziemlich übel nahm.