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Keine Regeln für Klimaklempnerei

Die UNO schafft es nicht, einen Bericht über Manipulationen der Erdatmosphäre anzuschieben: Geo-Engineering bleibt bis auf Weiteres unreguliert

Von Bernhard Pötter

Mit einer Nichtentscheidung zu einem der heißesten Eisen der internationalen Klimapolitik ist vergangene Woche die UN-Umweltversammlung Unea in Nairobi zu Ende gegangen. Die UN-Staaten konnten sich auch nach heftigen und langwierigen Debatten nicht darauf einigen, die umstrittenen Praktiken des Geo-Engineering von einer eigenen Arbeitsgruppe untersuchen zu lassen. Damit bleibt dieses Feld weiterhin weltweit unreguliert.

Unter Geo-Engineering fassen Experten vor allem zwei Gruppen von Aktivitäten zusammen, welche die Folgen des hohen CO2-Ausstoßes in die Atmosphäre lindern sollen: Beim Solar Radia­tion Management plant man, die Sonnen­einstrahlung auf die Erde zu verringern – etwa über das Ausbringen von feinen Partikeln in der Atmosphäre. Beim Carbon Dio­xide Removal werden der Luft die CO2-Moleküle entzogen, beispielsweise durch Aufforstung von Bäumen, aber auch künstlich verstärktes Algenwachstum im Wasser oder technische Luftfilter.

Bislang werden diese Maßnahmen nirgendwo im großen Maßstab angewendet. Allerdings mehren sich in den USA und anderen Ländern die Forschungsvorhaben. Das Argument dafür: Sollten die CO2-Emissionen weiter steigen, würden drastische Mittel nötig, um eine Überhitzung der Erde zu verhindern. Deshalb müsse jetzt geforscht werden, welche Methoden welche Konsequenzen und Kosten hätten.

Kurz vor der Unea-Sitzung hatte eine Studie des Harvard-Professors David Keith, der selbst ein solches Freiland-Experiment plant, für Aufregung gesorgt. Geo-Engineering sei relativ sicher und könne mit weitaus weniger Nebenwirkungen, wie etwa veränderten Regenmustern, verbunden sein als befürchtet, schrieb der Wissenschaftler. Dem hatte im Februar ein Gutachten von US-Umweltanwälten und der deutschen Böll-Stiftung widersprochen: In ihrem Bericht „Fuel to the Fire“ beschreiben sie, dass die umstrittenen Techniken von der Kohle- und Öllobby genutzt würden, um die Lebensdauer ihrer klimaschädlichen Industrien zu verlängern.

Die Argumente der Kritiker: Es sei unabsehbar, welche ökologischen Folgen das Eingreifen in die Atmosphäre habe. Auch sei unklar, wie Staaten darauf reagierten, wenn ihre Nachbarn mit solchen Versuchen beginnen, die auch bei ihnen möglicherweise Wettermuster veränderten oder gar Ernten bedrohen. Außerdem eröffneten derartige Praktiken ein potenziell lukratives Geschäftsfeld für die umweltschädliche fossile Industrie.

Bislang ist Geo-Engineering nach internationalen Maßstäben nicht zulässig. Die UN-Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) hat ein Moratorium verkündet, eine andere Regel verbietet die Düngung von Ozeanen mit Eisen, um über ein vermehrtes Algenwachstum CO2 zu binden. Doch eine einheitliche Regelung gibt es bislang nicht.

Das wollte die Schweiz bei der Sitzung der Unea in Nairobi ändern. Unterstützt von Staaten wie Burkina Faso, Liechtenstein, Mexiko, Südkorea und dem Senegal schlugen die Schweizer vor, eine Expertengruppe einzurichten und bis 2020 einen Bericht über den Stand der Technik, das Wissen, die Akteure, die Risiken und mögliche Regulierungen zu erstellen.

Der Bericht fand keine Mehrheit. Die größten Ölproduzenten der Welt, die USA und Saudi-Arabien, schlugen nach Angaben von Teilnehmern vor, diese Aufgabe an den UN-Klimarat IPCC zu delegieren und so um mehrere Jahre aufzuschieben. Die EU und Bolivien wiederum wehrten sich gegen einen solchen Bericht, solange er nicht deutlich das Vorsorgeprinzip erwähne – dass also alle Schritte auf mögliche Folgen hin untersucht werden müssten. Am Ende zog die Schweiz ihren Antrag zurück.