Umstrittene Tiefbau-Arbeiten: U-Bahn gegen Ahorn

In Hamburg-Horn sollen für knapp zwei Kilometer Untergrund-Gleise 770 Bäume fallen – das wäre vermeidbar, sagen Anwohner.

Vier Menschen in gelben Westen stehen am Rand der Demo

Nicht glücklich mit den Hochbahn-Planungen: Demonstrierende am Samstag in Horn Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Gegen eine U-Bahn in ihrem Quartier sind am Samstag rund 200 Menschen im Stadtteil Horn auf die Straße gegangen. Die Initiative „Rettet Horn“ will nicht, dass für 1,9 Kilometer U-Bahn unter der Manshardstraße rund 770 Bäume gefällt werden. „Das ist eine Frechheit“, sagt eine Anwohnerin. „Jeder weiß, Bäume sind der beste Luftfilter der Welt.“ In den Bäumen lebten zudem bedrohte Tiere wie Fledermäuse, ergänzt eine andere.

Doch läuft alles nach Plan, beginnt der U-Bahn-Bau noch in diesem Jahr: Die U4 soll an der Horner Rennbahn auf die Manshardstraße ausgefädelt werden und dort auf Höhe Stoltenstraße und Dannerallee zwei Haltestellen bekommen . Die Kosten von 465 Millionen Euro trägt zum Teil der Bund.

Das Ganze ist ein Projekt der SPD, die den Hamburger Osten aufwerten möchte. Auch im Stadtteil gibt es viele Fürsprecher, die im Bahnanschluss eine Chance sehen: Rund 13.000 Anwohner könnten ihn nutzen.

Dass es am Samstag eine Demo der Gegner geben würde, darauf hatte lediglich ein unscheinbarer Aushang hingewiesen. Der Protest wirkte improvisiert, die Schilder der Demonstrierenden – darauf: „Natur Mord“ oder „Horn bleibt Grün“ –waren klein und handgemalt. Einige der Protestler trugen gelbe Westen mit „Stopp U 4“ darauf.

Protestler tragen gelbe Westen

Wie kann man gegen eine ­U-Bahn sein? „Wir sind nicht gegen U-Bahnen“, sagt ein Horner, der selbst lange auf dem Bau gearbeitet hat. Es gehe um das Wie, um die Bauweise also. Heutzutage werden Tunnel in der Stadt unter der Erde mit einem „Schildvortrieb“-Bohrer gebaut. Das erste Stück der U4 vom Jungfernstieg zur Hafencity etwa entstand so.

Doch die Manshardstraße, heute eine hübsche Allee aus hohen Platanen und Ahornbäumen, soll für den U-Bahn-Bau komplett geöffnet und wieder geschlossen werden – die sogenannte „offene“ Bauweise –, und das für insgesamt sieben Jahre. Die Initiative „Rettet Horn“ fürchtet Baulärm an sechs Tagen in der Woche. Auch könnte es zu einem Grundwasserstau kommen, wenn die tiefen Betonwände den Boden zerteilen.

Stephan Jersch, Linke

„In dicht besiedelten Gebieten ist die Straßenbahn besser geeignet“

Mitdemonstriert hat am Samstag Stephan Jersch von der Linkspartei. In dicht besiedelten Gebieten, sagt er, solle die Stadt statt U-Bahnen besser oberirdische Straßenbahnen bauen. Jersch: „Das wird hier eine ziemliche Abholzaktion.“

Bäume verspricht die Stadt zwar neue zu pflanzen. „Aber bis die wieder so hoch gewachsen sind, dauert es Jahre“, sagt Initiativensprecher Karsten Reimers. Auch halte man den so teuren Bau von nur zwei Stationen für überflüssig. Da solle lieber der heutige Linienbus öfter fahren.

Offene Bauweise günstiger

Die offene Bauweise sei um 20 Prozent günstiger als die per Bohrer, erfuhr Jersch per Anfrage. Doch die Hochbahn führt auch Sicherheitsgründe an: „Der Bohrer braucht einen gewissen Durchmesser oben drüber, damit die Straße nicht aufreißt“, sagt Sprecherin Pia Gängrich. Die geplante Bahn verlaufe nicht derart tief; schon der Anschluss Horner Rennbahn liege dicht an der Oberfläche.

Die Hochbahn verspricht, die Beeinträchtigungen zu minimieren: Die Straße soll nacheinander in vier bis fünf Abschnitten geöffnet werden und „möglichst schnell wieder zugemacht werden“, so Gängrich. Und durch eine Baustraße kämen die Anwohner „jederzeit mit dem Auto zu ihrem Haus“.

Noch ist der Bau nicht genehmigt, das Planfeststellungsverfahren läuft. Ein Mitstreiter von „Rettet Horn“ hat eine Alternativroute ausgetüftelt, die unter der Autobahn Richtung Lübeck verläuft und auch die Bundeswehr-Uni sowie Jenfeld erreicht – und mit dem Tiefbohrer möglich sei. Die Einwände werden öffentlich erörtert. „Rettet Horn“ will da auch erscheinen – und vielleicht nochmal demonstrieren.

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