Innenminister verbietet kurdische Verlage: „Tarnmantel der PKK“

Innenminister Seehofer verbietet zwei kurdische Verlage: Deren Einnahmen kämen „sämtlich“ der PKK zugute. Kurdische Verbände sind entrüstet.

Horst Seehofer hebt seinen Finger

Innenminister Horst Seehofer schickte seinen Beamten los, um die kurdischen Verlage zu durchsuchen Foto: dpa

BERLIN taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat am Dienstag zwei kurdische Verlage verboten, die in enger Verbindung zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) stehen sollen. Seit dem frühen Morgen durchsuchten Beamte den Mezopotamien Verlag und die MIR Multimedia GmbH in Neuss. Zugleich erfolgte die Verbotszustellung.

„Gerade weil die PKK trotz des Verbots in Deutschland weiterhin aktiv ist, ist es notwendig und geboten, die PKK in ihre Schranken zu weisen und die Einhaltung der Rechtsordnung sicher zu stellen“, erklärte Seehofer.

Der Mezoptomien Verlag bot Bücher des PKK-Gründers Abdullah Öcalan an, auch Werke über kurdischen Autonomiebestrebungen etwa im syrischen Rojava. Die MIR Multimedia GmbH war auf kurdisches Liedgut spezialisiert. Schon im März 2018 gab es Durchsuchungen im gemeinsamen Verlagshaus.

Das Bundesinnenministerium sieht beide Verlage aus Teilorganisation der PKK. Dies habe die frühere Razzia bestätigt. Ihr Geschäftsbetrieb diene „allein der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts der PKK“, ihre Einnahmen kämen „sämtlich“ der Gruppierung zugute. Beide Verlage seien letztlich nur „ein Tarnmantel“. Dies, so heißt es in der Verbotsverfügung, stärke wiederum die Aktionsmöglichkeiten der als Terrororganisation eingestuften Gruppierung und untergrabe deren Verbot.

Linksfraktion sieht darin staatliche Zensur

Kurdische Vereine reagierten entrüstet auf die Maßnahme. Das Verbot der Verlage und die Beschlagnahmung „abertausender“ Bücher „lässt bei uns Erinnerungen an die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte wach werden“, erklärte Ayten Kaplan, Vorsitzender des kurdischen Dachverbands in Deutschland NAV-DEM. Sein Co-Chef Tahir Köcer verwies auf das Vorgehen des türkischen Staates gegen die Kurden: „Nun hat die Bundesregierung sich mit diesem Verbot zu einer Fortsetzung dieser menschenverachtenden Politik auf deutschem Boden entscheiden. Das können und werden wir nicht dulden.“

Auch die Linksfraktion kritisierte das Verbot. „Seehofer wandelt auf den Spuren des türkischen Despoten Erdogan“, erklärte deren Innenexpertin Ulla Jelpke. „Das Verbot ist ein Akt staatlicher Zensur.“ Jelpke forderte auch die gänzliche Aufhebung des PKK-Verbots, dieses sei „anachronistisch“.

Tatsächlich hatte der türkische Präsident Recep Tayip Erdogan Deutschland wiederholt aufgefordert, härter gegen die PKK vorzugehen. Deutsche Sicherheitsbehörden rechnen der Gruppierung hierzulande rund 14.500 AnhängerInnen zu. Damit sei diese in „die mit Abstand mitgliederstärkste extremistische Ausländerorganisation“. Die PKK nutze Deutschland als „Raum des Rückzugs, der Refinanzierung und Rekrutierung“.

Die PKK selbst ist seit 1993 in Deutschland verboten. Zuletzt verbot das Bundesinnenministerium 2008 auch den PKK-nahen Fernsehsender Roj-TV. Zudem führt die Bundesanwaltschaft derzeit zahlreiche Ermittlungen gegen PKK-Verdächtige. Laut Innenministerium gab es dort seit den neunziger Jahren 180 Ermittlungsverfahren. Mehr als 90 angeklagte FunktionärInnen seien seitdem in Deutschland verurteilt worden.

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