Zwei Männer und ein Katheter

Hilfe, schon wieder eine Buddy-Geschichte: Das Hollywoodremake „Mein Bester & Ich“ von US-Regisseur Neil Burger verharmlost das französische Original, den Erfolgsfilm „Ziemlich beste Freunde“ und seine literarische Vorlage – und das trotz Millionenbudget, Starcast und echter Kunstwerke in der Requisite

Kevin Hart und Bryan Cranston als ziemlich beste Freunde Foto: ConstantinFilm

Von Jenni Zylka

Angeblich sieht US-Kino-Publikum am liebsten US-AmerikanerInnen auf der Leinwand. Die Rechte an „Ziemlich beste Freunde“, dem französischen Erfolgsfilm nach der Biografie des Tetraplegikers und Champagner-Großmoguls Philippe Pozzo di Borgo, hatte sich darum im Jahr 2011 Produzenten-Schwergewicht Harvey Weinstein gesichert. Er adaptierte das klebrigsüße Realmärchen (Underdog vom falschen Ende der Stadt wiedererweckt Lebenslust eines seit einem Unfall gelähmten Millionärs) nach Hollywood-Maßstäben. Der Prozess wegen vielfachen sexuellen Missbrauchs kam ihm jedoch dazwischen.

Nachdem „The Upside“, wie das Remake heißt, 2017 beim Filmfestival Toronto Premiere hatte, lag es über ein Jahr im Regal, bis sich eine neue Produktionsfirma erbarmte und den Kinostart in den USA und jetzt auch in Europa mit nahezu 30 Millionen US-Dollar Promotionsbudget möglich machte.

Der Film hätte allerdings getrost im Regal weitergammeln können. „The Upside“, dessen holpriger deutscher Titel „Mein Bester & Ich“ vermutlich an den deutschen Titel des Originals erinnern soll, aber überhaupt kein bisschen Sinn ergibt, ist eine nicht nur wegen der Bekanntheit des Originalstoffs vorhersehbare flache Buddy-Geschichte, in denen Kevin Hart als Pfleger Dell Scott und Bryan Cranston als depressiver Megaunternehmer Philip Lacasse sich durch Katheterwitze und Klischees kämpfen, bis einem vor Scham ganz schummerig wird.

Regisseur Neil Burger hält sich in den Handlungssträngen weitgehend an das Vorbild (der Kleinkriminelle Scott gerät an seinen Job wie die Jungfrau zum Kinde, Lacasse ist von Scotts Unkonventionalität fasziniert und schöpft durch ihn wieder Mut). Doch Burger und seine Drehbuchautoren Paul Feig und Jon Hartmere krampfen ihre stereotypen Charaktere ohne jeglichen Charme zusammen – der schwarze Kriminelle, der natürlich seinen Sohn nicht sehen darf, und sich erst mit genügend Kleingeld wieder lieb Kind bei der Mutter/Ex machen kann, und der schwerreiche weiße Industrielle, der sinnierend auf das Alexander-Calder-Mobile schaut, während Puccini sein Park-Avenue-Penthouse beschallt.

Nicole Kidman als Mitarbeiterin und blasses „Love Interest“ Lacasses reißt es mit ihren beherrschten Auftritten auch nicht heraus: Ihr Charakter scheint genauso langweilig zu sein wie er aussieht. Und wieso der Ex-Sträfling Scott das Wort „Penis“ nicht auszusprechen vermag, als er peinlich berührt Lacasses Katheter wechseln muss, bleibt ein Geheimnis der Autoren: Ist er vielleicht zwölf?

Schön anzusehen sind dennoch die vielen „echten“ Kunstwerke in der Wohnung von Sammler Lacasse – neben Calder hängt ein Werk von Ed Ruscha, und Scott verbannt kurzerhand einen Cy Twombly in die Küche, als er sein erstes eigenes Gemälde aufhängt – auch das eine Idee aus dem Originalfilm. Den beiden leidenschaftlichen Vollblutmimen Cranston und Hart kann man eh keinen Vorwurf machen – wo nichts Interessantes steht, und der beste Witz mit „Sind Sie so reich wie Jay Z?“ – „Nein, reicher“ schon abgefeuert wurde, kann auch nichts interpretiert werden.

Das größte Problem am Film war zudem auch schon in „Ziemlich beste Freunde“ die Müdigkeit, die einen bei jener Figurenkonstellation unfreiwillig überkommt: Nach „Der kleine Lord“, „Pretty Woman“, „50 Shades of Grey“ und Hunderten weiteren Beispielen reicht es eine Weile mal mit Geschichten von „unkonventionellen“ Freundschaften zwischen abgefuckten Reichen und naiv-herzensguten Armen! Dass das oscarnominierte Drama „Green Book“ momentan mit der gleichen Prämisse spielt, sie aber umdreht – hier bringt der ungebildete weiße Chauffeur seinem kultivierten und bis in die Seidenjackettspitzen elitären schwarzen Chef Aretha Franklin nahe – ist trotz der Kontroversen um den Film immerhin ein Fortschritt.

„Mein Bester & Ich“. Regie: Neil Burger. Mit Kevin Hart, Bryan Cranston u. a. USA 2018, 120 Min.