Mbosiro Mwita Marwa: „Meine Mutter will die Mädchen nicht mehr sehen“

„Ich bin der Einzige von vier Kindern, der zur Schule gehen durfte. Dort hörte ich von den schädlichen Auswirkungen der Beschneidung von Mädchen. Als die Beschneidungssaison im November kam, hatte ich Angst um meine beiden kleinen Schwestern. Sie sind 13 und 15 Jahre alt und sind nie zur Schule gegangen. Sie hatten keine Ahnung, was weibliche Genitalverstümmelung überhaupt ist. Ich habe es ihnen erklärt. Dann sind wir hierher nach Masanga gekommen. Es war ein langer Weg von rund hundert Kilometern. Nachts sind wir gelaufen, tagsüber konnten wir mit Leuten im Auto mitfahren.

Natürlich ist es schwierig ohne die Eltern, aber wir haben einander. Meine Mutter will die Mädchen nicht mehr sehen und auch mich nicht. Der Verein gegen weibliche Genitalverstümmelung überlegt mit uns, welche Bildungschancen meine Schwestern Bibiana und Maseke bekommen könnten. Ich fühle mich gut über unsere Tat. Meine Schwestern sind glücklich und erleichtert, weil sie jetzt wissen, worum es bei der Verstümmelung geht.

Ich habe auch meinen Bruder hierher gebracht, weil der Verein ihm die Möglichkeit bot zu lernen, wie man Jungen in Krankenhäusern beschneidet, anstatt das irgendwo auf dem staubigen Boden mit einer schmutzigen Rasierklinge zu tun. Er ist glücklich und meint, er sei jetzt schon ein richtiger Mann, obwohl er erst 14 Jahre alt ist. Ich hoffe, dass meine Eltern ihn begrüßen werden, aber ansonsten wird er auch hier untergebracht.

Später möchte ich eine unbeschnittene Frau heiraten. Die beschnittenen schwangeren Frauen im Dorf sind in den letzten Wochen vor der Geburt unerträglich. Sie sind schlecht gelaunt, weil sie wissen, welchen Schmerz sie haben werden, um das Baby auf die Welt zu bringen. Die Geburt ist immer schmerzhaft, aber für eine beschnittene Frau ist es noch viel schlimmer.“ Protokoll: Ilona Eveleens