Von den Labour-Bänken ab in den Knast

Labour-Hoffnungsträgerin Fiona Onasanya stolpert über sich selbst. Kommt jetzt eine Brexit-Nachwahl?

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Aus London Daniel Zylbersztajn

Eine zierliche Gestalt mit langen Haaren und dunkler Sonnenbrille steigt aus dem schwarzen Londoner Taxi und wird sofort von einer Horde Fotografen abgefangen. Erst nach dem Blitzgewitter schafft die Parlamentsabgeordnete Fiona Onasanya es durch die Doppeltür des zentralen Londoner Kriminalgerichts Old Bailey, wo sie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird.

Bei den Wahlen 2017 war der Sieg der jungen Labour-Kandidatin im Wahlkreis Peterbrough 120 Kilometer nördlich von London mehr als nur eine lokale Überraschung gewesen. Zum ersten Mal überhaupt wurde in dieser Region jemand mit Migrationshintergrund gewählt, noch dazu eine Frau, eine 1983 in Cambridge als Kind nigerianischer Eltern geborene Rechtsanwältin. 2013 war sie Stadträtin geworden, 2017 gewann sie den Wahlkreis Peterborough mit nur 607 Stimmen Vorsprung und entmachtete den langjährigen konservativen Wahlkreisabgeordneten. Einer der Siege der neuen Corbyn-Generation, die Theresa May die absolute Mehrheit nahm. Onasanya sah sich schon als erste schwarze Premierministerin Großbritanniens.

Doch daraus wird zunächst nichts. Eine zu schnelle Autofahrt, in der Fiona Onasanya mit ihrem Kleinwagen geblitzt wurde, wird ihr zum Verhängnis – nicht wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern weil sie sich in Lügen verstrickt und behauptet hat, nicht die Fahrerin gewesen zu sein, trotz Kamerabeweise der Polizei. Ihr Bruder, bereits zweimal wegen Raserei erwischt, hat das Märchen in die Welt gesetzt. Er bekommt jetzt acht Monate Haft, die Parlamentarierin drei – die Mindeststrafe, wie der Richter am Dienstag betont: „Es ist ein für Sie tragischer Fehler, dessen Ursache Sie jedoch selber zu verantworten haben.“

Schon im Dezember hat Labour die einstige Hoffnungsträgerin aus der Fraktion ausgeschlossen. Höchstwahrscheinlich wird sie ihre Zulassung als Rechtsanwältin verlieren. Onasanya, die immer wieder ihren christlichen Glauben betont, zeigte bisher wenig Reue. Stattdessen behauptet sie, dass sie wie Jesus behandelt werde. Dies treibt ihr wenig Sympathien zu.

Als Abgeordnete hinter Gittern kann sie sogar durch ein Volksbegehren ihr Amt verlieren, sollten dies mindestens zehn Prozent der Wählerschaft von Peterborough fordern. Dann gäbe es in einem Brennpunkt der EU-Zuwanderung aus Osteuropa plötzlich Neuwahlen. Im Unterhaus zählt derzeit jede Stimme.