In Bremen hat Maduro wahre Freunde

Das altlinke Friedensforum ruft zur Demo „Hände Weg von Venezuela!“ auf. Es sieht einen Putschversuch gegen Präsident Nicolás Maduro. Die grüne EU-Abgeordnete Helga Trüpel widerspricht und kritisiert Maduro scharf

Das Volk steht hinter Maduro. Wenigstens seine entscheidenden Teile Foto: Marcelo Garcia/dpa

Von Stefan Simon

Mordversuche, Unterstützung paramilitärischer Operationen, Manipulation sozialer Medien – es sind drastische Worte, die das Friedensforum in ihrem Aufruf zur Demonstration „Hände Weg von Venezuela“ am heutigen Donnerstag um 17 Uhr auf dem Marktplatz verkündet.

Drastisch ist auch die Lage in Venezuela, vor allem für die Bevölkerung. Und diese könnte sich weiter zuspitzen, denn Staatschef Nicolás Maduro hat die von mehreren europäischen Ländern gesetzte Frist dafür, Neuwahlen anzusetzen, verstreichen lassen. Nun haben einige EU-Länder Oppositionsführer Juan Guaidó als Übergangspräsidenten anerkannt.

Auf welcher Seite die AktivistInnen stehen, lässt das Motto der Demo leicht vermuten. Und wer an der Krise in Venezuela Schuld ist, steht für Barbara Heller, Sprecherin des Friedensforums, auch fest: Die USA. „Es ist ziemlich klar, dass hier ein Putsch am Gange ist“, sagt sie. Seit 20 Jahren versuche die venezolanische Regierung, durch Reformen die Armut zurückzudrängen und wenigstens einen Teil des Reichtums im Land zu lassen. „Seitdem versuchen aber auch Oppositionelle und die USA die Regierung zu stürzen.“

Dass es gegen den ehemaligen Staatschef Hugo Chávez 2002 einen Putschversuch gab, lässt sich kaum bestreiten. Die New York Times berichtete damals von mehreren Hinweisen darauf, dass die US-Regierung unter George W. Bush in den Umsturzversuch gegen Chávez verwickelt war. Nun ist aber Chávez nicht Maduro. Und Maduro ist ein „übler Diktator“, wie Helga Trüpel, Europaabgeordnete der Grünen aus Bremen, sagt.

Sie halte gar nichts von der Theorie eines gezielten Putsches und kritisiert im gleichen Atemzug die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen. Die hatte vor einigen Tagen gesagt, dass „jeder aufrechte Demokrat diesen Putschversuch verurteilen müsste“. So sieht es Barbara Heller auch und widerspricht Trüpel: „Die USA, die EU und viele europäische Staaten versuchen mit allen Mitteln, in Venezuela einen Machtwechsel durchzusetzen.“ Sie verweist auf das Völkerrecht: Das Eingreifen in innere Angelegenheiten eines Staates sei unzulässig. Doch die EU und die USA träten das Völkerrecht mit Füßen und setzten sich über alle Regeln hinweg.

Die Grünen-Abgeordnete kann diese Haltung überhaupt nicht nachvollziehen, ohne dabei ein Wort an das Bremer Friedensforum zu verlieren. Sie habe der EU-Resolution im Europäischen Parlament zugestimmt, weil sie für Neuwahlen und einen Neuaufbau des kriselnden Landes stehe. „Ich bin ganz klar für Juan Guaidó als Übergangspräsidenten. Maduro ist ja nicht mal mehrheitlich vom Volk gewählt worden. Er hat das Ergebnis der Parlamentswahlen missachtet.“ Die Menschen lehnten sich schließlich nicht erst seit kurzem gegen die Regierung auf. „Maduro ist ein Diktator, der sein Volk hungern lässt“, sagt Trüpel.

„Wer hat denn die Kontrolle über die Lebensmittel und lässt die Menschen hungern?“, fragt Heller dagegen. Die Regierung sei es nicht, sondern die Opposition. Der größte Lebensmittellieferant des Landes sei ihrer Meinung nach ein Unterstützer der Opposition. „Man kann jede Regierung der Welt kippen, wenn man das Volk hungern lässt“, behauptet Heller. Auch die US-Sanktionen seien Schuld an Venezuelas Misere. Tatsächlich haben die Sanktionen gegen den Ölkonzern PDVSA und das Verbot, mit neuen venezolanischen Staatsanleihen zu handeln, den Handlungsspielraum von Machthaber Maduro verengt.

„Ich bin für keinen von diesen Mackern, weder für Maduro noch für Trump oder Guaidó, sondern für einen Neuanfang“

Helga Trüpel, grüne Europaabgeordnete

Die meisten Ökonomen sehen die Hauptursache für die humanitäre Katastrophe indes in einer verfehlten Wirtschaftspolitik der sozialistischen Regierung. Preis- und Devisenkontrollen, Verstaatlichungen und hohe Steuern haben die Privatwirtschaft ausgezehrt. Die Wirtschaftskrise geht ins sechste Jahr.

Ihre venezolanischen Freunde stünden hingegen auf der Seite Maduros, sagt Heller. „Sie sind verzweifelt. Sie glauben, dass das Volk in Geiselhaft genommen wird, um einen Machtwechsel herbeizuführen.“

Einen Machtwechsel möchte die Grünen-Abgeordnete Helga Trüpel auch, aber einen friedlichen mit fairen Wahlen. „Um eines klar zu sagen: Ich bin ganz klar gegen eine militärische Lösung. Und ich bin für keinen von diesen Mackern, weder für Maduro noch für Trump oder Guaidó, sondern für einen Neuanfang.“